Schwarze Null – ja bitte! Schwarze Akte – nein danke!

30.11.2015

Die Abende in dieser Plenarwoche waren lang, denn neben zahlreichen Gesetzen, über die es zu beraten und entscheiden galt, hat der Landtag den Landeshaushalt für das kommende Jahr diskutiert. So drehte sich im Plenarsaal am Dienstag in einer Generaldebatte und am Mittwoch in den Einzeldebatten alles um das Thema Geld. Am Donnerstag standen dann aktuelle Themen auf der Agenda. So haben wir nochmals die Herausforderungen durch die Flüchtlingssituation auf die Tagesordnung gesetzt.

Schutzstatus für Bürgerkriegsflüchtlinge

Seit Monaten beobachten wir mit großer Sorge, dass die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zusehends in ein Zuwanderungschaos führt. Deshalb haben wir mit unserem Setzpunkt am Donnerstag die hessische CDU und Ministerpräsident Bouffier dazu aufgefordert, ihren parteitaktischen Kuschelkurs mit Kanzlerin Merkel zugunsten pragmatischer Lösungsansätze aufzugeben.

DSC_0496Lösungsansätze haben wir dem Landtag mit unserem Antrag unterbreitet: So haben wir unter anderem vorgeschlagen, Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Asylverfahren herauszunehmen und ihnen stattdessen subsidiären Schutz zu gewähren – ein Vorschlag, der übrigens auch von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere unterstützt wird. In seiner Rede betonte Rentsch: „Es ist wichtig und notwendig, dass wir endlich differenzieren zwischen denen, die Asyl beantragen wollen, zwischen denen, die als Bürgerkriegsflüchtlinge um Leib und Leben fürchten müssen, und den vielen hunderttausend, die in Deutschland als Zuwanderer ihre wirtschaftliche Situation verbessern wollen.“

Zugleich wies Rentsch nochmals auf die dringende Notwendigkeit eines Zuwanderungsgesetzes hin: „Wir benötigen eindeutige Kriterien, die festlegen, wer nach Deutschland kommen kann und wer nicht. Die Menschen, die nach Deutschland kommen wollen, brauchen eine Perspektive.“ Die Bertelsmann-Stiftung geht immerhin von einem Bedarf von bis zu 350.000 qualifizierten Zuwanderern pro Jahr bis 2025 aus. Die Bundesregierung möchte jedoch erst in 2017 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Das ist auch unserer Sicht eindeutig zu spät. Denn so werden wir weder die aktuellen Herausforderungen meistern noch qualifizierten Zuwanderern eine Bleibeperspektive bieten können.

Kein Haushalt auf Kosten der kommenden Generation

Das große Thema dieser Plenarwoche war der Haushalt des Landes Hessen für 2016. Und dieser ist aus zwei Aspekten ein besonderer: Zum einen haben wir durch den Flüchtlingszustrom enorme Herausforderungen, auch in finanzieller Hinsicht, zu meistern. Zum Anderen hat das Land Hessen mit Mehreinnahmen von 1,4 Milliarden Euro im nächsten Jahr so viel Mittel zur Verfügung, wie seit langem nicht. Trotzdem will Finanzminister Thomas Schäfer das Land 2016 mit weiteren 600 Millionen Euro Schulden belasten. Das halten wir für absolut falsch: Denn von dem Weg zur Schwarzen Null, die wir bis 2019 erreichen müssen – so haben es die hessischen Bürgerinnen und Bürger schließlich in einer Volksabstimmung mit einer großen Mehrheit im Dezember 2010 vorgegeben – dürfen wir uns nicht abbringen lassen.

In der Generaldebatte am Dienstag warnte Florian Rentsch deshalb eindringlich davor, mit einem Bruch der Schuldenbremse zu liebäugeln. Stattdessen forderte er die Landesregierung auf, strukturelle Einsparungen vorzunehmen und kündigte einen „Aktionsplan Staatsmodernisierung“ an, anhand dessen wir fortlaufend Möglichkeiten für strukturelle Einsparungen identifizieren werden. Erste Ideen haben wir bereits vorgetragen:

Wir brauchen mehr Effizienz bei den Kommunalstrukturen. Bereits vor Monaten haben wir einen entsprechenden Antrag vorgelegt, der die Umsetzung freiwilliger Kreiszusammenschlüsse rechtlich ermöglichen soll. Dieser Schritt ist dringend notwendig, um die Debatte vor Ort über effiziente Strukturen bei den Kreisen und den Gemeinden in Gang zu bringen. Es gibt derzeit zwar durchaus in vielen Regionen Hessens die Bewegung zu Fusionen beziehungsweise interkommunaler Zusammenarbeit von Kreisen und vor allem von Gemeinden. Diese scheitern aber in der Regel entweder an der Frage der Altschulden oder daran, dass das Land am Ende finanziell profitiert und nicht die jeweiligen Kommunen. Hier müssen endlich Vorschläge auf den Tisch, die Anreize für effiziente Strukturen setzen.

Auch die Beteiligungen des Landes Hessen müssen auf den Prüfstand gestellt werden. In diesem Zusammenhang gilt es eine ehrliche Analyse vorzunehmen, welche der Beteiligungen für das Land tatsächlich rentabel sind und welche den Haushalt unnötig belasten. Auch in diesem Bereich sehen wir bei Schwarz-Grün die Tendenz, notwendige Veränderungen auf die lange Bank zu schieben.
Wir müssen Hessen jetzt fit für die Zukunft machen und eine effiziente Verwaltung schaffen: Gerade im Umweltministerium gibt es großes Einsparungspotential. Gleiches gilt beispielsweise auch für die Einrichtung einer Geschäftsstelle fürs „Zufußgehen“ und die Übertriebene Förderung des Ökolandbaus.

Leider legt die Landesregierung eine gefährliche Reformmüdigkeit an den Tag, wodurch sich bewahrheitet, dass die Haushalte in guten Jahren ruiniert werden, wenn der Sparzwang nicht gegeben ist. Statt struktureller Einsparungen nimmt Schwarz-Grün lieber mal hier und mal da kleinere Kürzungen vor. Und das auch noch an den Stellen, an denen es dem Land in Zukunft wirklich weh tun wird: bei wichtigen Zukunftsbereichen wie Infrastruktur und Bildung werden Abstriche gemacht, während das Geld mit vollen Händen für grüne Prestigeobjekte ausgegeben wird. Wir werden der Landesregierung in 2016 und darüber hinaus ganz genau auf die Finger gucken, fortwährend auf Einsparpotentiale hinweisen und darauf achten, dass die Schuldenbremse nicht in Gefahr geraten wird.

Geschwärzte NSU-Akten behindern Aufklärungsarbeit

DSC_0363Große Aufregung gab es im Plenarsaal am Donnerstagmorgen. Anlass waren die von der Regierung an den NSU-Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellten, landeseigenen Dokumente im Zusammenhang mit der Aufklärung des Mordes an Halit Yozgat. Denn viele Dokumente in den landeseigenen Akten sind geschwärzt. Die SPD hatte deshalb mit einem Antrag die Landesregierung aufgefordert, den Untersuchungsausschuss nicht länger in seiner Arbeit zu behindern und die Akten ungeschwärzt zur Verfügung zu stellen. Exemplarisch hatten wir eben diesen Antrag geschwärzt, den René Rock während seiner Rede den Abgeordneten vor Augen hielt: „Welche Aufklärungsmöglichkeiten haben sie denn bei so einem Schriftstück?“

Die Schwärzungen in den Dokumenten sind jedoch nicht nur so weitgehend, dass sich damit nicht anständig arbeiten lässt. Die Gründe für die Schwärzungen sind überhaupt nicht nachvollziehbar. „Angesichts der Bedeutung der Thematik, mit der sich der Untersuchungsausschuss beschäftigt, ist eine derartige Einschränkung der Rechte des Parlaments nicht hinnehmbar,“ machte Rock in seiner Rede deutlich. Wir unterstützen deshalb den Antrag der SPD, dem NSU-Untersuchungsausschuss landeseigene Akten weitgehend ungeschwärzt zur Verfügung zu stellen.

Fehlbelegungsabgabe kommt wieder

Nachdem die Landesregierung erst kürzlich die Mietpreisbremse in Hessen eingeführt hatte, will sie nun auch wieder die Fehlbelegungsabgabe, ein veraltetes Instrument aus den 1970er-Jahren, erheben. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen hat der Landtag am Donnerstag das von der Landesregierung eingebrachte Gesetz zur Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe in der öffentlichen Wohnraumförderung nach zweiter Lesung verabschiedet. Und das obwohl wir die Abgabe erst in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam mit der CDU abgeschafft hatten.

In seiner Rede begründete Jürgen Lenders die Gründe für diese Entscheidung: „Durch die Fehlbelegungsabgabe wird kein Quadratmeter zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Allerdings trifft sie genau die falschen Menschen, nämlich die Mieter mit kleinen und mittleren Einkommen, die gerade mal etwas mehr verdienen. Sie sind es, die künftig diese Abgabe zahlen müssen. Leistung wird damit mal wieder bestraft.“

Arge Probleme bereitet die Abgabe auch für die Kommunen – das hatte eine Anhörung im Oktober diesen Jahres ergeben: Die Kosten für den Aufwand zur Erhebung dieser Abgabe stehen in keinem Verhältnis zum Ertrag. Sie ist ein Bürokratiemonster, gegen das wir von Anfang gekämpft und stattdessen dafür plädiert haben, gezielt den Bau von Wohnungen voranzutreiben, indem Wohnbauunternehmen unterstützt werden, neue Grundstücke zu finden. Anstatt jedoch pragmatische Lösungen zu suchen, schreckt Schwarz-Grün durch derart unsinnige Instrumente lieber Bauherren, Vermieter und Investoren ab, überhaupt noch in Wohnraum zu investieren.

Kommunalwahlkampfhilfsfonds

Während die Landesregierung den Kommunen mit Bürokratiemonstern das Leben schwer macht, möchte sie ihnen gleichzeitig mit dem Kommunalen Investitionsprogramm unter die Arme greifen. Das Programm umfasst ein Volumen von insgesamt einer Milliarde Euro, mit denen günstige Darlehen ermöglicht und somit der Wohnungsbau gefördert werden sollen. Auch aus unserer Sicht ist es sicherlich richtig, den Wohnungsbau fördern zu wollen. Doch warum beschließt das Kabinett Bouffier dann erst die Mietpreisbremse und später die Fehlbelegungsabgabe? Solange solche Investitionsbremsen auf den Weg gebracht werden und die Standards beim Baurecht nicht angepasst werden, wird auch weiterhin nicht ausreichend in Wohnungsbau investiert werden. Da kann die Landesregierung Milliarden in Landesprogramme auflegen.

Es ist unbestritten, dass es bei Hessens Gemeinden einen Investitionsstau gibt. Diesen Investitionsstau wird man langfristig aber nur lösen können, wenn man die Kommunen finanziell gut ausstattet und ihnen nicht erst die Mittel beim Kommunalen Finanzausgleich entzieht, sie dann durch den Herbsterlass knebelt und ihnen schließlich wieder Krümel über einen „Kommunalwahlkampfhilfsfonds“ für CDU und Grüne nach Gutsherrenart vor die Füße wirft.

Wir haben das Gesetz nicht unterstützt, mit den Stimmen von CDU und Grüne hat es dennoch eine Mehrheit erhalten. So sehr die Kommunen und die Bürger in den Kommunen sich über die zusätzlichen Investitionen freuen dürfen, so sehr zeigt sich auch, dass die Kommunen am Ende finanzpolitisch immer abhängiger werden. Das Geld wird noch rechtzeitig vor der im März anstehenden Kommunalwahl in den Rathäusern ankommen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.