Innovation und Kreativität für Hessens Zukunft

18.06.2021

Während in ganz Hessen die Zahlen der Infektionen mit dem Corona-Virus stark gesunken sind, blieb der Hessische Landtag auch in dieser Sitzungswoche noch im ‚Krisenmodus‘. Nur circa die Hälfte der Mitglieder darf während der laufenden Sitzung im Plenarsaal anwesend sein. Doch auch schon vor der Krise war im Plenarsaal eigentlich nicht für alle Abgeordneten Platz. Eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Landtags war in diesen Tagen deshalb ebenso Thema wie die Unterstützungen des Landes beim Neustart der Schulen und der hessischen Innenstädte nach dem Lockdown. Und auch in der Energiepolitik wurde eine Neuausrichtung diskutiert. Innovationskraft und Kreativität waren gefragt, um gute Zukunftsperspektiven für Hessen zu entwickeln.

Moderne Bildungspolitik braucht Mut und klare Ziele

Es war nur wenige Tage her, dass erstmals seit vielen Monaten wieder alle Schülerinnen und Schüler in ganz Hessen den Präsenzunterricht besuchen können, als Kultusminister Alexander Lorz zum Auftakt der Plenarwoche über die aktuelle Situation an Hessens Schulen berichtete. Seine Ausführungen im Rahmen seiner Regierungserklärung mit dem Titel „Herausforderungen in Stärken verwandeln, gemeinsam für unsere Schülerinnen und Schüler“ konnte der bildungspolitische Sprecher der Freien Demokraten, Moritz Promny, nicht teilen: „Der Kultusminister läuft den Entwicklungen seit Beginn der Corona-Krise hinterher.“ Promny ist überzeugt: Die wichtigsten Herausforderungen der vergangenen Monate waren und sind der Schulbetrieb unter Pandemiebedingungen, das digitale Lernen und das Aufholen von Lernrückständen. Anders als der Minister es dargelegt hatte, habe er jedoch keine dieser Herausforderungen in Stärken umgewandelt. „Dafür bräuchte es Mut, einen Fahrplan und ein klares Ziel. Doch für die Landesregierung kam entweder jede der Herausforderungen zu früh, oder sie hat zu spät reagiert“, kritisierte Promny. „Das digitale Lernen kam ja nicht überraschend, es ist schon seit Jahrzehnten hochaktuell. Digitale Endgeräte, eine zeitgemäße Infrastruktur, guter IT-Support, digitale Pädagogik und Didaktik, all dies hätte schon vor 2020 da sein müssen.“ Die mangelhafte Organisation des Schulbetriebs unter Pandemiebedingungen seitens des Landes sei ebenso zu bemängeln wie das Impfchaos bei den Lehrkräften und die unterschiedlichen Regelungen der Maskenpflicht.

Seit heute dürfen endlich wieder alle Schülerinnen und Schüler zurück in Hessens Schulen. Nach mehr als sieben Monaten…

Posted by FDP-Fraktion Hessen on Thursday, June 10, 2021

Mit einem Antrag forderten die Freien Demokraten die Landesregierung auf, die Maskenpflicht in Hessens Schulen aufzuheben – zunächst an den Grundschulen, perspektivisch auch für die älteren Jahrgänge. „Gerade für Grundschüler halten wir jetzt ein Ende der Maskenpflicht für vertretbar. Zum einen sinken die Infektionszahlen, und es wird regelmäßig getestet, zum anderen ist ein Ende der Pflicht auch aus pädagogischen Gründen geboten.“ So erschwere die Maske unter anderem das Erlenen von Sprache.

Darüber hinaus kritisierte Promny, dass noch immer kein Videokonferenzsystem für das digitale Lernen zur Verfügung stünde. Auch habe die Landesregierung mit 75 Millionen Euro einen viel zu geringen Betrag für das Aufholen von Lernrückständen in Aussicht gestellt. Schließlich zeigte der bildungspolitische Sprecher der Freien Demokraten auf, was aus Sicht seiner Fraktion jetzt zu tun sei, nämlich Kindern und Jugendlichen die beste individuelle Förderung zukommen zu lassen, den digitalen Wandel zu meistern und den Personalmangel zu beheben: „Das geht nur über ein verbessertes Bildungssystem, das Fortschritt ausstrahlt und Schülerinnen und Schüler mit modernen Lehr- und Lernmethoden auf die Welt von morgen vorbereitet“, konstatierte Promny. Dazu gehöre unter anderem der Einsatz von Learning-Analytics-Software. Auch sollten Lehrkräfte mehr unterstützt werden: „Wir müssen zu einem Punkt kommen, an dem Menschen gerne in unseren Schulen arbeiten und stolz drauf sind, in diesem wichtigen Bereich der Gesellschaft etwas zu bewegen.“ Die Freien Demokraten sind überzeugt: Das Schulsystem ist nur dann leistungsfähig für alle Kinder, wenn es individuelle Förderung an die erste Stelle setzt. Dies werde ihrer Ansicht nach am besten durch die Stärkung des digitalen Lernens und den Einsatz exzellenter Lehrkräfte erreicht.

Corona-Politik: Die Stufe 3 ist überfällig

Seit mehreren Wochen befinden sich alle hessischen Landkreise stabil bei Inzidenzwerten unter 50 und damit in Stufe 2 des hessischen Stufenplans. Die Stufe 2 sieht leichte Lockerungen vor, die jedoch weit von einer Rückkehr zu normalen Lebensbedingungen entfernt ist.

In der von den Freien Demokraten als Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzten Plenardebatte forderte Yanki Pürsün die Landesregierung auf, den Stufenplan des Landes Hessen zu überarbeiten und den Bürgerinnen und Bürgern ihre Freiheiten zurückzugeben. „Grundrechte sind keine Privilegien, die nach Gutdünken einkassiert werden können, doch die Landesregierung verzögert den Weg zurück zur Freiheit unnötig und unangemessen lange“, kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher der Freien Demokraten. Schon im Mai schlug Pürsün eine Stufe 3 für jene Landkreise vor, die 14 Tage unter einer Inzidenz von 50 liegen: Für sie dürfe es keine Einschränkungen mehr geben, dort sollten allein die AHA-Regeln ausreichen. Während sich die Bürgerinnen und Bürger weitgehend an die Corona-Regeln gehalten und so die Eindämmung der Pandemie vorangetrieben hätten, habe es die Landesregierung versäumt, Transparenz zu schaffen, bemängelte Pürsün im Landtag. „Welche Maßnahmen tatsächlich nutzen, ist angesichts einer pauschalen Lockdown-Politik kaum zu sagen“, kritisierte er und setzte sich für einen Paradigmenwechsel in der Pandemie-Politik ein: „Wir wollen eine transparente, ehrliche und lösungsorientierte Politik, die die Grundrechte der Menschen achtet und nicht vorschnell einschränkt. Die Landesregierung muss wieder den Menschen vertrauen und auf deren vernünftiges Vertrauen bauen. Sie muss dringend aktiv werden und den Hessinnen und Hessen einen Plan und eine Perspektive geben.“

Innenstädte brauchen Anschub für den Neustart

Innenstädte sind das Gesicht einer Stadt und das Herz ihres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. Die Gefahr der geschäftlichen und kulturellen Verödung ist durch die Corona-Maßnahmen massiv gewachsen. Um Gastronomie, Einzelhandel und Kultur wiederzubeleben, ist nach Auffassung der Freien Demokraten eine gezielte Anschubhilfe vonnöten. In ihrem Setzpunkt forderte Stefan Naas, den hessischen Einzelhandel und die Gastronomie beim Neustart nach dem Lockdown zu unterstützen und das Förderprogramm für Hessens Innenstädte zu überarbeiten. „Die Landesregierung hat mit ihren Verordnungen Einzelhändlern und Gastronomen ihr Geschäft untersagt. Nun muss das Land auch seine Verantwortung wahrnehmen und Anschubfinanzierung leisten“, begründete der wirtschaftspolitische Sprecher der Freien Demokraten die Initiative seiner Fraktion.

Naas zur Innenstadt-Förderung

Unsere Innenstädte stehen gegenwärtig unter Druck. Deshalb müssen wir den hessischen Einzelhandel und die Gastronomie beim Neustart nach dem Lockdown unterstützen und das Förderprogramm für Hessens Innenstädte überarbeiten.Das Programm, das die Landesregierung aufgelegt hat, reicht dabei nicht aus. In der ersten Runde stehen gerade mal 12 Millionen Euro bereit. Und davon profitieren auch nur wenige Kommunen und Gemeinden in einer Art Preisausschreiben. Es sind aber alle Innenstädte und Ortskerne unter Druck! Unser Vorschlag: Das Land soll allen Kommunen 10 Euro Innenstadt-Förderung pro Einwohner zur Verfügung stellen, damit alle gleichberechtigt davon profitieren.

Posted by FDP-Fraktion Hessen on Thursday, June 17, 2021

„Die aktuelle Entwicklung besorgt uns: Die Geschäfte stehen nach Corona in gnadenloser Konkurrenz mit dem Online-Handel. Deshalb braucht es jetzt kreative Ideen, um die Stadtzentren zu erhalten“, sagte Naas. Seine Fraktion hatte sich mit Experten der Industrie- und Handelskammer und Verbänden, Gewerbetreibenden sowie kommunalen Vertretern ausgetauscht, die Probleme benannt und ausgearbeitet, womit den Innenstädten und den ansässigen Gewerbetreibenden geholfen werden kann. Kernpunkte sind dabei sogenannte Pop-up-Stores, eine Stärkung der Stadt als Bühne sowie eine Verbesserung der City-Logistik. Außer der Förderung eines vielfältigen Kulturangebots in den Stadtzentren sei es zudem wichtig, einen Wohlfühlfaktor zu schaffen. „Eine Innenstadt, in der sich Bürgerinnen und Bürger, Kundinnen und Kunden gern aufhalten, hat zudem ein modernes Mobilitäts- und Logistikkonzept, in der alle Mobilitätsformen unkompliziert ihren Raum finden. All dies kann durch das Land über die Kommunen gefördert werden.“ Was die Landesregierung vor wenigen Wochen als Programm „Zukunft Innenstadt“ vorgestellt habe, sei jedoch mehr als ernüchternd, kritisierte Naas. Während die Landesregierung im Dezember ein Volumen von 40 Millionen Euro angekündigt hatte, würden nun in erster Runde nur rund 12 Millionen Euro bereitgestellt. Die Freien Demokraten hatten in den letzten Haushaltsberatungen 60 Millionen Euro zur Unterstützung der Innenstädte gefordert. Zudem kritisierte Naas, dass bereits begonnene Programme und Projekte nicht förderfähig seine. Dies bestrafe all jene Kommunen, in denen in den vergangenen Monaten schon Konzepte erarbeitet und Projekte initiiert wurden.

Um die Innenstädte wieder zu beleben, wollen die Freien Demokraten darüber hinaus die Bibliotheken in Hessen stärken und sie zum innerstädtischen Mittelpunkt machen, in dem ein vielfältiges Kulturangebot zum Verweilen einlädt. Einen entsprechenden Gesetzentwurf brachte die Fraktion in dieser Sitzungswoche ein. Mit ihrem „Starke-Bibliotheken-Gesetz“ schafft sie Möglichkeiten dafür, außer Büchern in digitaler und gedruckter Form unter anderem auch Co-Working-Spaces, Sitzgelegenheiten, Meeting-Räume, 3D-Drucker, Großprinter und digitale Werkstätten einzurichten. „Wir wollen den hessischen Bibliotheken die Möglichkeit geben, sich zu lebendigen Treffpunkten in den Innenstädten weiterzuentwickeln“, erläuterte Naas. Die Funktionen öffentlicher Bibliotheken als Kultur- und Bildungszentren sowie ihre wichtige Rolle bei der Vermittlung nur örtlich nutzbarer Informationsangebote solle durch eine Änderung des Hessischen Bibliotheksgesetzes als im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben gesetzlich anerkannt werden. „Die rund 750 öffentlichen Bibliotheken in Hessen sind Orte für jedermann und müssen an die Lebensrealität der Bürgerinnen und Bürger angepasst werden“, forderte Naas. Konkret bedeute das, die Öffnungszeiten so zu flexibilisieren, dass auch eine Öffnung an Sonntagen möglich sei. Außerdem sollten Nutzungsgebühren abgeschafft werden. 

Freie Demokraten legen Wasserstoff-Zukunftsgesetz vor

Wasserstoff ist ein universell einsetzbarer Energieträger und kann in allen Sektoren, der Wärmeerzeugung, im Verkehr, der Industrie und Elektrizitätserzeugung eingesetzt werden. Die Freien Demokraten wollen Wasserstoff als sicheren, wirtschaftlichen, technologieoffenen und klimaneutralen Energieträger nutzen und haben einen Entwurf für ein Wasserstoff-Zukunftsgesetz vorgelegt, der in dieser Woche in erster Lesung im Hessischen Landtag beraten wurde. „Wir sind überzeugt: Wasserstoff ist ein ganz wichtiger Baustein in unserer energiepolitischen Zukunft“, erklärte René Rock den Vorstoß. „Es reicht nicht aus, die Energiepolitik des Landes zur Erreichung der Klimaziele ideologisch allein auf Windenergie zu fixieren. Es braucht eine vollständige Neuausrichtung der hessischen Energiepolitik“, betonte der Vorsitzende und energiepolitische Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten und verwies auf den nur schleppenden Abbau der CO2-Emissionen in Hessen. Er führte aus, dass zur Erreichung der Klimaschutzziele, eine Senkung des CO2-Ausstoßes von 2,5 Millionen Tonnen jährlich erforderlich sei. Das schaffe Hessen jedoch schon Jahren nicht mehr – im Gegenteil: Die Emissionen seien zuletzt sogar gestiegen. 

Die Freien Demokraten sind überzeugt, dass Hessen als Industriestandort, internationales Luftverkehrsdrehkreuz und deutsche Pendlerhauptstadt prädestiniert für ein zukunftsweisendes Energieprojekt ist. Mit dem Wasserstoff-Zukunftsgesetz wollen sie eine schrittweise Erhöhung des Wasserstoff-Anteils im Endenergieverbrauch des Landes bis 2050 um mindestens 25 Prozent erreichen und dabei gezielt öffentliche und privatwirtschaftliche hessische Projekte im Bereich der Erzeugung, Industrienutzung und im Verkehrssektor fördern. Gerade erst hatte die Bundesregierung deutschlandweit 62 Projekte ausgewählt, die mit insgesamt acht Milliarden Euro von Bund und Ländern und nochmals 25 Milliarden Euro von privaten Investoren gefördert werden. Rock bemängelte, dass von den hier zur Verfügung stehenden 33 Milliarden Euro kein Cent in Hessen ankäme – obwohl es hierzulande ein großes Wasserstoff-Know-how in der Privatwirtschaft gibt. Im Rahmen der Debatte berichtete Rock, dass beispielsweise die Mainova AG die Umrüstung von Kohlekraftwerken plane und auch der Rhein-Main-Verkehrsverbund sowie andere Kommunen Wasserstoff für ihre Fahrzeugflotten einsetzen wollten. „Diese Initiativen haben eine bessere Unterstützung verdient“, bekräftigte er. Mit ihrem Gesetzentwurf wollen die Freien Demokraten den Einsatz von Wasserstoff und die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur vorantreiben. Sie wollen nicht warten, bis er als grüner Wasserstoff allein aus regenerativen Energien gewonnen werden kann. Der blaue Wasserstoff könne ihrer Ansicht nach als Brückentechnologie bereits CO2 einsparen.

Für eine Wahlrechtsreform ist es höchste Zeit

Der Hessische Landtag ist zu groß: Das Ergebnis der Wahl zum 20. Hessischen Landtag am 28. Oktober 2018 führte zu 27 Überhang- und Ausgleichsmandaten. Damit vergrößerte sich der Landtag auf 137 Abgeordnete – vorgesehen sind eigentlich 110. Die derzeitige Größe des Landtages machte nicht nur einen Umbau des Plenarsaals erforderlich, sondern stellte auch ein Kostenproblem dar und bringt einen gravierenden Verlust an Arbeitsfähigkeit mit sich. Ausschüsse werden immer größer, konzentrierte Sachdebatten treten hinter die Profilierung zurück. Gebäude werden zu klein, und die Verwaltung stößt an ihre Grenzen, wenn immer mehr Abgeordnete und Mitarbeiter untergebracht und Räume ausgestattet und verwaltet werden müssen. „Die laufende Legislaturperiode steht kurz vor der Halbzeit – es wird höchste Zeit, eine Entscheidung über die angestrebte Größe des Landtags in der kommenden Wahlzeit zu treffen“, sagte Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn anlässlich der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Freien Demokraten für eine Wahlrechtsreform. „Der Landtag muss wieder seine gesetzlich festgelegte Größe von 110 Abgeordneten erreichen. Dann ist der Landtag handlungsfähig, ohne so aufgebläht zu sein wie zurzeit mit 137 Abgeordneten“, erklärte Hahn, der Vizepräsident des Hessischen Landtags ist.

Die Freien Demokraten sind überzeugt, dass mit ihrem Vorschlag der Wählerwille bestmöglich gewährleistet werde: Ihr Vorschlag sieht eine Reduzierung der Wahlkreise von derzeit 55 auf 45 vor. So wollen sie für weniger Überhang- und Ausgleichsmandate sorgen. In der Anhörung hatte es viel Lob für den FDP-Vorschlag gegeben: Der Entwurf wurde als gelungen und verfassungskonform bezeichnet. Außerdem hatten die Fachleute bestätigt, dass er die Parlamentsvergrößerung ,effektiv bekämpfen‘ und ein Modell für andere Länder werden könne. Die Mehrheit der Mitglieder des Landtags stimmte der Verkleinerung des Landtags zum Ende der Sitzungswoche nicht zu. Eine Reform bleibt also weiterhin von Nöten.