ROCK/DR. NAAS: „Wir müssen uns auf das schwierigste Szenario vorbereiten“
- Zeit für Schönwetter-Pressekonferenzen ist vorbei
- Krisenstab muss Chefsache werden
- Stresstest für kritische Infrastruktur notwendig
WIESBADEN – René ROCK, Fraktionsvorsitzender und energiepolitischer Sprecher der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, sowie der wirtschaftspolitische Sprecher Dr. Stefan NAAS haben die Landesregierung aufgefordert, Notfallmaßnahmen zur Bewältigung der drohenden Gasmangellage zu ergreifen. „Die Zeit für Heimwerker-Pressekonferenzen und Schönwetterpolitik muss angesichts der weiteren Drosselung russischer Gaslieferungen nun zu Ende gehen“, kritisiert Rock die Untätigkeit der schwarz-grünen Landesregierung angesichts der sich zuspitzenden Lage. „Während die EU-Energieminister und auch Bundeswirtschaftsminister Habeck eindringlich vor Engpässen bei Gas und Strom im kommenden Winter warnen, gibt die hessische Landesregierung Heimwerkertipps und macht völlig unzureichende Vorschläge“, so Rock weiter. Bundeswirtschaftsminister Habeck hat zu Recht die Länder aufgefordert Verantwortung für die Lage der Kommunen und die kommunalen Energieversorger zu übernehmen. Außerdem trägt das Land Verantwortung für den Katastrophenschutz. Andere Länder sind längst tätig. Die Freien Demokraten schlagen mehrere Maßnahmen vor, wie von Seiten des Landes ein Beitrag geleistet werden kann, um sich auf Worst-Case-Szenarien vorzubereiten und ernsthafte Versorgungsengpässe für Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft möglichst zu verhindern.
Krisenstab für Echtzeit-Krisenmanagement
Als erste Sofort-Maßnahme fordern die Freien Demokraten, dass ein Krisenstab eingesetzt werde, der auf Grundlage der vorliegenden Daten Szenarien bearbeitet und die Handlungsfähigkeit des Landes sicherstellt. Ein solcher Krisenstab muss Chefsache sein und beim Ministerpräsidenten angesiedelt werden. Zum Krisenstab müssen – anders als vom Wirtschaftsministerium vorgesehen – zwingend die Vertreter der Katastrophenschutzbehörden, der Wirtschaft, von Verbraucherorganisationen und der Energieversorger zusammenkommen. Die Kommunikation zur Bundesnetzagentur müsse dabei zentrale Aufgabe sein. Wichtig ist den Freien Demokraten, dass der Krisenstab seine Ergebnisse und Handlungsempfehlungen transparent veröffentlicht. Rock macht deutlich: „Wir brauchen in dieser Krise jetzt nicht wieder ein Fax-Chaos, wie in Corona-Zeiten, sondern ein Echtzeit-Krisenmanagement.“
Weiterhin fordern die Freien Demokraten regelmäßige regionalisierte Stresstests durchzuführen. Da die Versorgungslage der einzelnen Regionen voneinander abweichen könne, sei dies dringend geboten, um die Katastrophenschutzpläne vor Ort anpassen zu können. „Die Landesregierung muss schnellstmöglich ein Konzept für die Energieversorgungssicherheit der sensiblen Infrastruktur vorlegen. Wir müssen sicherstellen, dass Krankenhäuser, Pflegeheime, Labore und Medizinische Einrichtungen immer ausreichend mit Gas versorgt sind. Dazu müssen die Vorbereitungen im Krisenstab jetzt laufen, damit wir im Winter auf alle Szenarien vorbereitet sind“, bekräftigt Rock die Forderung der Freien Demokraten.
Energiesparplan Hessen
Auch für die Freien Demokraten ist klar, dass die Einsparung von Gas die höchste Priorität haben muss. Es reiche aber nicht nur auf handelsübliche Energiespartipps zu verweisen. Das können nur ein Baustein sein, so Rock. Auch die vorgeschlagenen Einsparungen bei den Landesliegenschaften sind richtig, aber können nicht das Problem lösen, vor dem wir stehen. Neben der Unterstützung von Kooperationen in der Industrie, wie gemeinsame Beschaffung oder Kooperationen bei der Umstellung von Gas auf andere Energieträger, könne eben auch die Digitalisierung ihren Anteil leisten. „Wenn Mitarbeiter in Verwaltung oder Unternehmen statt im Büro im Homeoffice heizen, können die Heizleistung im Büro konzentriert werden und damit Gas gespart werden“, erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher, Dr. Stefan Naas. Man werde aber auch nicht umhinkommen verzichtbare Großverbraucher, wie Schwimmbäder oder Saunen vom Netz zu nehmen, wenn die Gasmenge eben nicht ausreicht. Zu Prüfen wäre auch, ob ein Budgetansatz rechtlich möglich wäre, der innerhalb einer Branchen oder Industrie-Region bestimmte Gasmengen zuteilt, die dann intern verteilt werden.
Erleichterung von Genehmigungen
Ein vermeintlich unbedeutender aber im Effekt sehr wichtiger Faktor ist die Umstellung auf andere Energieträger. Dabei kann eine zeitlich befristete Umstellung von Gas auf Öl bei bestimmten Heizkraftwerken technisch sehr leicht möglich sein. Dazu ist aber nach Bundesimmissionsschutzgesetz eine umfangreiche Genehmigung notwendig. Der Bund hat die Möglichkeit geschaffen, in der bevorstehenden Not von den umfangreichen Genehmigungsverfahren zeitlich befristet abzuweichen. „Not kennt kein Gebot. Wir müssen hier unbürokratisch die Möglichkeit schaffen den Energieträger Gas durch andere Energieträger zu ersetzen und notwendige Genehmigungen nachzureichen. Sachsen hat diese Regelung bereits in Kraft gesetzt. Es gibt auch Beispiele in Hessen, wo eine solche zeitlich befristete Regelung helfen würde“, fordert der Fraktionsvorsitzende. „Gleiches gilt für die stillgelegten privaten Kamine und Kachelöfen. Diese können einen signifikanten Beitrag zum Gassparen leisten. Man sollte die Stilllegungen zunächst für diesen Winter dringend aussetzen und so den Menschen ermöglichen, mit Holz zu heizen und dadurch Gas zu sparen“, verdeutlich Dr. Naas.
Härtefonds
Auch wenn sich die Versorgungskrise vielleicht letztendlich noch abwenden oder zumindest abmildern lässt, die Preiskrise ist leider nicht mehr abwendbar. Die Freien Demokraten schlagen daher einen Härtefallfonds vor, der soziale Verwerfungen abfedert. „Viele Menschen haben Angst vor dem Winter und auch vor der Heizkostenabrechnung im Frühjahr. Die Landesregierung sollte jetzt Kriterien erarbeiten, wie so ein Härtefallfonds aussehen kann. Ein Kriterium sollten auch selbst geleistete Einsparungen sein“, erklärt Rock. Auch für kleine und mittlere Unternehmen in besonderen Notlagen, soll der Härtefallfonds nach Vorstellung der FDP greifen.
Wirtschaftshilfen anpassen – Liquidität kommunaler und regionaler Energieversorger sicherstellen
Aufgrund der aktuellen Lage steht es leider zu befürchten, dass die Wirtschaft in Hessen enorm unter Druck geraten wird. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist es daher notwendig, die bestehenden Programme und die für Corona aufgesetzten und nicht ausgeschöpften Wirtschaftshilfen, Bürgschafts- und Förderprogramme auf die aktuelle Lage anzupassen. „Das Land sollte dringend die nicht ausgeschöpften Corona-Programme der WI-Bank umstellen. Sie waren zum Strukturerhalt gedacht und genau dafür werden wir auch künftig Programme brauchen. Wenn die negativen Szenarien der Energiekrise wahr werden, müssen wir vorbereitet sein“, fordert der wirtschaftspolitische Sprecher der Freien Demokraten im hessischen Landtag Dr. Stefan Naas. Die seiner Zeit eingerichtete Corona-Notfallkasse richtete sich an Unternehmen, denen keine anderen Corona-Hilfen zugänglich waren. Die übrig gebliebenen Haushaltsmittel könnten nun umgewidmet werden.
Ein Problem, das die Gasmangellage im Winter zusätzlich verschärfen könnte, ist die Frage, wie liquide sind unsere kommunalen und regionalen Energieversorger. „Die kommunalen und regionalen Energieversorger sind in der drohenden Versorgungskrise Krise von herausragender Bedeutung. Wenn sie auf Grund der exorbitant steigenden Gaspreise in Schieflage geraten oder aufgrund mangelnder Liquidität die Gasbestellung nicht vornehmen wollen oder können wird das Problem massiv verschärft werden“, so Dr. Naas. Bundeswirtschaftsminister Habeck hat bereits am 12. Juli deutlich gemacht, dass für die Rettung kommunaler Versorger die Länder zuständig sind. Die Landesregierung muss hier vorbereitet sein. Dazu brauche es zunächst eine Bestandsaufnahme und darauf basierend eine Prognose über den Zustand der kommunalen Versorger. Auch die rechtlich geplanten Umlagen der Bundesregierung müssen dabei bewertet werden.