Regierungserklärung zur Europapolitik

12.07.2016
  • Angekündigte Maßnahmen prinzipiell richtig, aber falsche Schwerpunktsetzung
  • Bundes-SPD darf Brexit nicht als Reanimierungsprogramm für Gabriel missbrauchen
  • Union muss sich gegenüber grünen „Brexiteers“ durchsetzen

Anlässlich der heutigen Regierungserklärung von Ministerpräsident Volker Bouffier erklärte die europapolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Nicola BEER: „Die Brexit-Entscheidung wird erhebliche Veränderungen für ganz Europa zur Folge haben, deren Tragweite wir heute in Gänze noch nicht absehen können. So bedauerlich diese Entwicklung europapolitisch auch sein mag, birgt sie doch für Frankfurt, das Rhein-Main-Gebiet und ganz Hessen ein erhebliches Potential, das nun klug genutzt werden muss. Daher darf die Landesregierung nun keine Zeit verlieren, um im Wettbewerb mit anderen Standorten die besonderen Vorzüge von Frankfurt herauszustellen und sich somit einen Vorteil zu sichern. Denn der schwarz-grünen Landesregierung muss klar sein, dass die Konkurrenz nicht schläft und um Institutionen und Unternehmensansiedlungen europaweit bereits Schlange steht. Viele der gestern im Rahmen der Sitzung des Finanzplatzkabinetts angekündigten Maßnahmen gehen zweifelsohne in die richtige Richtung, jedoch ist es aus unserer Sicht die falsche Schwerpunktsetzung sich zunächst um Unternehmen aus Hessen in Großbritannien und um britische Unternehmen in Hessen zu bemühen. Wichtig wäre es doch nun, in einem breit angelegten Kreis neuer Akteure für den Standort Hessen die Werbetrommel zu rühren und die Standortqualität in den Fokus zu rücken. Auf Tarek Al-Wazir wartet somit eine großartige Gelegenheit, endlich nachzuweisen, dass er tatsächlich Wirtschaftsminister des Landes Hessens ist. Dass er diesen Nachweis jedoch in den vergangenen zweieinhalb Jahren schuldig blieb, stimmt uns angesichts der Größe der anstehenden Herausforderung jedoch wenig zuversichtlich.“

Weiter erklärte Beer:

„Während sich die Hessische Landesregierung immerhin bemüht, ihre Hausaufgaben ordentlich zu erledigen, scheitert man seitens der Bundesregierung in Berlin bereits daran, eine einheitliche Strategie zu verfolgen, wie man vom Zeitplan und vom Inhalt mit dem möglichen Ausscheiden Großbritanniens umgehen will. Gabriel, Schäuble und Merkel bilden zusammen aktuell einen vielstimmigen Chor, jedoch keine stringente, verantwortungsvolle Führung. Insbesondere die SPD und Gabriel haben offenbar nicht verstanden, dass diese ernste Herausforderung nicht als Aufgalopp zur Bundestagswahl missbraucht werden darf. Ein Konzept, das bloß auf neuen Schulden, um mehr Geld verteilen zu können, und neuen Zuständigkeiten in der Sozialpolitik fußt ist in der aktuellen Situation zudem absolut kontraproduktiv: Denn es stellt genau die Form von Politik dar, die nicht nur bei den Briten Skepsis gegenüber Europa hervorgerufen hat, sondern die auch in anderen Ländern Populisten und Nationalisten in die Hände spielt – und genau dies ist die eigentliche Gefahr für die Zukunft Europas.

Was unser Land nun dringend nötig hätte, wäre eine positive Debatte über die zahlreichen unbestreitbaren Vorzüge Europas und über die Chancen, die die aktuelle Situation mit sich bringt. Die prinzipielle Ausrichtung der Hessischen Landesregierung mag zwar in diese Richtung zielen, jedoch werden am Ende vor allem die Ergebnisse der Verhandlungen und Werbemaßnahmen auf dem europäischen Parkett zählen – und auf eben dieser Ebene konnte Hessen in dieser Legislaturperiode wenig vorweisen. Dabei ist es wohl auch wenig hilfreich, dass dem Koalitionspartner der Union internationaler Handel grundsätzlich suspekt ist, wie der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen Anton Hofreiter heute mit seiner Forderung, die TTIP-Verhandlungen sofort abzubrechen, eindrucksvoll belegte. Mit ihren abstrusen Begründungen, halbwahren und unwahren Argumenten torpedieren die Grünen nicht nur den europäischen Freihandel mit anderen Staaten, sondern die Zukunft Deutschlands und agieren aktuell genau wie die Brexiteers. Entsprechend bleibt zu hoffen, dass sich die Union zumindest in der wichtigen Zukunftsfrage der Entwicklungsmöglichkeiten Hessens durchsetzen wird und nicht den Grünen erneut des Feld überlässt.“