Politische Situation in der Türkei

24.11.2016

Anlässlich der heutigen Landtagsdebatte zur aktuellen politischen Situation in der Türkei erklärte die europapolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Nicola BEER: „Durch die Partnerschaft mit der Region Bursa hat unser Bundesland Hessen eine besondere Beziehung zur Türkei. Die Nachrichten, die uns seit Mitte Juli diesen Jahres aus der Türkei und auch aus unserer Partnerregion Bursa erreichen, machen uns fassungslos und betroffen: Mehr als 100.000 verhaftete, amtsenthobene und entlassene Beamte, Journalisten, Richter, Soldaten, Diplomaten, Professoren, Intellektuelle bis hin zu frei gewählten Abgeordneten sind Zeugnis einer politisch motivierten Säuberung. Entsprechend sind wir in tiefer Sorge um den Zustand der Demokratie und den Umgang mit den Menschenrechten in der Türkei. Diese Sorge gilt im Besonderen auch den mutigen Vertretern einer lebendigen und kritischen Zivilgesellschaft in der Türkei. Doch auch, dass die in Deutschland lebenden Türken sowie türkischstämmige Bürger zunehmend unter Druck geraten, erfüllt uns mit Sorge.“

Weiter erklärte Beer:

„Umso mehr haben wir Freien Demokraten es auch bedauert, dass der geplante Besuch einer Delegation hessischer Abgeordneter und der Europaministerin in Bursa und Istanbul abgesagt werden musste, nachdem die türkische Seite offensichtlich kein besonders großes Interesse an Gesprächen hatte. Auch dieser Vorfall zeigt, dass die Entscheidungen und weitreichenden Maßnahmen, die die türkische Regierung getroffen hat, ohne Zweifel Auswirkungen auf das deutsch-türkische Verhältnis haben. Gleichwohl – oder besser gerade deshalb – sprechen wir uns dafür aus, auch in dieser kritischen Phase partnerschaftliche Beziehungen aufrechtzuerhalten. So ist die Regionalpartnerschaft zwischen dem Land Hessen und der Provinz Bursa damals unter FDP-Ressortverantwortung und mit einer breiten Unterstützung durch einen einstimmigen Beschluss des Hessischen Landtags und der Landesregierung geschlossen worden. Ihre Gründung stellte seinerzeit ein Novum dar. Ziel war es, aus der Verbundenheit beider Länder heraus einen Weg zu finden, Vorurteile abzubauen, Verständnis füreinander zu schaffen und auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur Integration zu leisten – und an diesem Ziel sollten wir auch heute festhalten, auch wenn sich die Vorzeichen alles andere als verbessert haben.“

Mit Blick auf die Zukunft der EU Beitrittsverhandlungen sagte Beer:

„Mit den in den letzten Monaten in der Türkei ergriffenen Maßnahmen hat die türkische Regierung den Boden gemeinsamer europäischer Werte verlassen. Dies muss Konsequenzen im Verhältnis zur EU haben. Eine von Präsident Erdogan zunehmend in dieser Form autoritär regierte Türkei kann für uns Freie Demokraten kein Kandidat für eine Vollmitgliedschaft in der EU sein. Grundlage für die Mitgliedschaft in der EU sind und bleiben die Kopenhagener Kriterien. Hierauf kann und darf es keinen Rabatt geben. Die Türkei muss diese endlich erfüllen. Die heute im Europäischen Parlament verabschiedete Resolution ist dabei ein erster wichtiger Schritt. Dem müssen EU-Kommission, die Staats- und Regierungschefs und auch Kanzlerin Merkel nun folgen.“