DR. NAAS: Die documenta 15 ist gescheitert

23.09.2022
  • Antisemitismus-Skandal hat wichtige Arbeiten überschattet
  • Ministerin ist Teil der verteilten Verantwortungslosigkeit
  • Bis zur nächsten documenta müssen Strukturen verändert werden

Dr. Stefan NAAS, kulturpolitischer Sprecher der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, hat eine negative Bilanz der am Sonntag zu Ende gehenden documenta gezogen: „Die documenta 15 ist gescheitert. Viele wichtige Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern wurden nicht gesehen, weil der Antisemitismus-Skandal alles überschattet hat – ein Skandal, der vermeidbar gewesen wäre, wenn man die vorab gegebenen Hinweise ernst genommen hätte“, erklärt Naas. Dass es zum Zeigen von Kunstwerken mit antisemitischem Inhalt bei der bedeutenden Kunstschau gekommen sei, sei den unterschiedlichen Ebenen geschuldet. „Vom Kuratorenkollektiv über die Geschäftsführung bis hin zu den Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat wurde die Verantwortung hin- und hergeschoben, bis der Skandal da war. Und selbst jetzt, kurz vor Ende der documenta, ist nicht klar, welche Mechanismen beim dem Fund hochproblematischer Kunstwerke greifen“, kritisiert Naas. „Das eingesetzte Expertengremium ist mit keinerlei Zugriffsrecht ausgestattet, und die Leitung der documenta hat die Beteiligten nicht in die Lage versetzt, auf einer Ebene miteinander zu diskutieren.“

Verwundert zeigt sich Naas darüber, dass Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn, jetzt in einem Interview des Hessischen Rundfunks von verteilter Verantwortungslosigkeit spricht. „Angela Dorn muss sich eingestehen, dass sie als Ministerin für Wissenschaft und Kunst und als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende selbst Teil dieser verteilten Verantwortungslosigkeit war.“

Naas fordert die Verantwortlichen nun, Konsequenzen aus der gescheiterten documenta 15 zu ziehen: „Die Documenta gehört zu Kassel, muss sich aber verändern. Sie muss erhalten und ausgebaut werden. Die angekündigten Strukturveränderungen dürfen keine leeren Worte bleiben. Ihnen müssen im Hinblick auf die nächste documenta Taten folgen.“ Zur erforderlichen Aufarbeitung gehöre auch zu klären, inwieweit die Findungskommission von Tendenzen eines israelbezogenen Antisemitismus beim von ihr ausgewählten Künstlerkollektiv wusste.“ Der Fall der documenta zeige: „Wir haben heutzutage neue Formen von Antisemitismus, die weniger leicht erkennbar, aber ebenso zerstörerisch sind. Dieser Realität müssen wir uns stellen – auch in Kunst und Kultur.“