Untersuchungsausschuss-Antrag der AfD stößt auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken im Hessischen Landtag

Gemeinsame Erklärung von CDU, SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Freien Demokraten

„Die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und Freien Demokraten im Hessischen Landtag erkennen in dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (UNA) ‚Corona‘, den die Fraktion der AfD und der fraktionslose Abgeordnete Herr am 24. Mai 2024 im Plenum des Hessischen Landtags zur Abstimmung stellen lassen wollten, erhebliche verfassungsrechtliche Probleme. Aus diesem Grund hat der Hessische Landtag den Einsetzungsantrag zunächst in den Hauptausschuss überwiesen, der wiederum die Kanzlei des Landtags damit beauftragt hat, drei juristische Gutachten einzuholen, um den Einsetzungsantrag verfassungsrechtlich zu bewerten.

Die vier Fraktionen haben damit für Hessen juristisches Neuland betreten.

Denn zum ersten Mal in der Geschichte des hessischen Landesparlaments steht das verbriefte Recht einer parlamentarischen Minderheit auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in einem Spannungsverhältnis zu Wortlaut und Sinngehalt des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Landes Hessen. Dieses Spannungsfeld erörtern die drei von der Kanzlei des Hessischen Landtags in Auftrag gegebenen Gutachten zum Einsetzungsantrag für einen UNA ‚Corona‘.

Alle drei Gutachten kommen unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, dass der UNA-Einsetzungsantrag der AfD und des fraktionslosen Abgeordneten Herr in weiten Teilen gegen elementare verfassungsrechtliche Grundsätze verstößt. So überdehnt der Antrag die Kontrollkompetenzen des Hessischen Landtags bei weitem, indem er auch Bundesbehörden und länderübergreifende Einrichtungen in die Untersuchung einbeziehen will. Er grenzt den Untersuchungsgegenstand inhaltlich nicht hinreichend ein. Und er verstößt gegen das so genannte ‚Antizipationsverbot‘, indem die Antragsteller durch bestimmte Formulierungen bereits die von ihnen gewünschten Untersuchungsergebnisse eines möglichen UNA vorwegnehmen.

Die AfD hat also einen offensichtlich nicht verfassungskonformen Antrag vorgelegt. Dieses Verhalten ist unverantwortlich und untergräbt das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen. Wir achten selbstverständlich die Oppositionsrechte und fordern die AfD daher auf, ihrer verfassungsrechtlichen Verantwortung nachzukommen. Das bedeutet: Die AfD kann ihren Antrag im Lichte der von der Landtagskanzlei in Auftrag gegebenen Gutachten grundlegend überarbeiten oder ihn komplett zurückziehen. 

Der Hessische Landtag als das höchste Verfassungsorgan des Landes Hessen kann und darf keinem verfassungswidrigen Antrag zustimmen. 

Der Hauptausschuss wird unter Berücksichtigung des weiteren Vorgehens der AfD-Fraktion in seiner nächsten Sitzung am 18. Juni dem Hessischen Landtag einen Vorschlag zum Umgang mit dem Antrag unterbreiten.“