ROCK und FAESER: Freie Demokraten und SPD prüfen Klage gegen schwarz-grünes „Sondervermögen“
- Ist der Schattenhaushalt mit der Verfassung vereinbar?
- Fraktionen geben Rechtsgutachten in Auftrag
WIESBADEN – Die Fraktionen von SPD und Freien Demokraten im Hessischen Landtag prüfen eine Klage vor dem Staatsgerichtshof gegen das von der Landesregierung eingerichtete „Sondervermögen“ sowie gegen die Ermächtigung zur Aufnahme von zwölf Milliarden Euro neuen Schulden bis 2023. Die Vorsitzenden der beiden Fraktionen, Nancy FAESER und René ROCK, teilten am Donnerstag mit, dass sie als Rechtsgutachter dazu Professor Dr. Christoph Gröpl von der Universität des Saarlandes in Saarbrücken gewinnen konnten. Gröpl hatte in der Vergangenheit vor allem bei Prozessen rund um die Verfassungsmäßigkeit von öffentlichen Haushalten Erfolge erzielt und ist ein ausgewiesener Kenner des Haushalts- und des Verfassungsrechts.
SPD-Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser sagte, sie bedauere, dass es der Landesregierung nicht gelungen sei, die Frage der Finanzierung der Corona-Hilfen in einem parteiübergreifenden Konsens zu lösen. „Wir wollten, dass in außergewöhnlichen Zeiten eine außergewöhnlich breite parlamentarische Mehrheit für ein Hilfspaket des Landes zustande kommt. Aber CDU und Grüne waren zu einem Kompromiss mit uns und den Freien Demokraten nicht bereit. Das Vorgehen der Landesregierung bei der Einrichtung ihres so genannten ‚Sondervermögens‘ war eine politische Zumutung, ob es auch rechts- und verfassungswidrig war, soll das Gutachten von Professor Gröpl untersuchen. Im Lichte dieses Gutachtens muss gegebenenfalls der Staatsgerichtshof klären, ob der schwarz-grüne Schattenhaushalt, die damit verbundenen Neuschulden von zwölf Milliarden Euro und der mit hässlichen Gesetzgebungstricks gepflasterte Weg dahin vor der hessischen Verfassung bestehen können. Arroganz und Sturheit der Landesregierung lassen uns keine andere Wahl“, so Nancy Faeser.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten, René Rock, erklärt: „Die Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung setzt sowohl zeitliche als auch inhaltliche Grenzen für die Feststellung einer Notsituation. Wir gehen derzeit davon aus, dass das von Schwarz-Grün beschlossene Sondervermögen, das eine Laufzeit bis zum Ende der Legislaturperiode vorsieht, diese Grenzen deutlich überschreitet. Vor allen Dingen gibt es keine schlüssige Begründung für die auch im Vergleich zu anderen Ländern lange Laufzeit bis 2023.“
Hinzu kommt nach Auffassung von Freien und Sozialdemokraten, dass die Landesregierung nicht überzeugend darlegen kann, für welche konkreten Maßnahmen die Mittel in dem Schattenhaushalt verwendet werden sollen. „Wenn die Landesregierung heute schon weiß, dass zur Bewältigung der Corona-Krise zwölf Milliarden Euro neue Schulden erforderlich sind, dann muss sie auch erklären, wofür genau sie diese zwölf Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren ausgeben will. Dazu aber sind CDU und Grüne nicht in der Lage. Das meiste von dem, was Schwarz-Grün bisher an Projektbeschreibungen vorgelegt hat, ist identisch mit dem, was schon im Koalitionsvertrag steht – vom Radwegebau bis zur Förderung der Ökolandwirtschaft. Der Verdacht liegt daher nahe, dass es hier wenigstens in Teilen nicht um Krisenbewältigung geht, sondern darum, schwarz-grüne Wunschprojekte auch in schwierigen Zeiten auszufinanzieren“, so Nancy Faeser.
Auch der Tilgungsplan, der eine 30-jährige Tilgung des Sondervermögens vorsehe, erscheine weder angemessen noch realistisch, erklärte René Rock. „All diese Fragen werden wir deshalb juristisch überprüfen und ein entsprechendes Gutachten erstellen lassen, auf dessen Grundlage dann Klage beim Staatsgerichtshof eingereicht werden soll.“ Die Fraktionen von SPD und Freien Demokraten hatten vor der Sommerpause konkrete Vorschläge vorgelegt, um in und nach der Corona-Krise umfangreiche Mittel zur Verfügung zu stellen und gezielt über Nachtragshaushalte helfen zu können. „Wir waren bereit, mit der Koalition einen verfassungsrechtlich sauberen Weg zu gehen. Diese Angebote wurden mit politischer Brutalität niedergeschlagen. Auch die Hinweise, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gibt, wurden von Seiten der Koalition vehement ignoriert. Sollte das Sondervermögen am Ende verfassungswidrig sein, wären die Hilfen der Landesregierung komplett auf Sand gebaut. Das wäre ein politischer Totalschaden für Schwarz-Grün“, stellt Rock fest.