Von Pferden und Problemwölfen, Polizei und einer Plenarpremiere

30.01.2023

Die erste Sitzungsrunde des Landtags im Jahr 2023 stand nicht nur im Zeichen des Doppelhaushalts 2023/24: Die Probleme, die Hessens Politik zu Beginn dieses Jahres herausfordern, reichen von der Frage, warum die Landesregierung nun entgegen ihrer eigenen Ankündigung doch neue Schulden macht, über den richtigen Umgang mit dem Wolf bis zur Silvesternacht, in der zum wiederholten Mal Einsatzkräfte angegriffen wurden. All diese Themen wurden jetzt im Plenum des Landtags ausgiebig diskutiert. Die Freien Demokraten haben sowohl zur Ausgestaltung des Haushalts als auch zur Bekämpfung von Straftaten gegen Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte sowie zum veränderten Umgang mit dem Wolf konkrete Vorschläge in die Debatte eingebracht. Darüber hinaus gab es eine Plenarpremiere: Thomas Schäfer saß als neuer Landtagsabgeordneter erstmals in den Reihen der FDP-Fraktion – und hat bereits seine erste Rede gehalten.

Schwarz-Grün beschließt phantasielosen Haushalt 

In der ersten Sitzungswoche des Landtags im Jahr 2023 wurde der von der schwarz-grünen Landesregierung vorgelegte Doppelhaushalt 2023/24 in dritter Lesung beraten – und schlussendlich mit den Stimmen der Koalition beschlossen. Die Freien Demokraten konnten dem Haushalt nicht zustimmen: „Der Haushalt ist phantasielos und geht am Bedarf der Menschen vorbei“, kritisierte Marion Schardt-Sauer, haushaltspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, in ihrer Haushaltsrede im Plenum. Die Freien Demokraten gehen davon aus, dass es sich bei dem beschlossenen Zahlenwerk um den letzten schwarz-grünen Haushalt handelt. „Dieser Haushalt ist gezeichnet von einer sich auflösenden Landesregierung, in der beide Seiten im kommenden Jahr am liebsten ohne den anderen die neue Regierung anführen möchten“, erklärte denn auch Schardt-Sauer.

In den vorangegangenen Haushaltsberatungen hatten die Freien Demokraten einen Weg zu Verbesserung des Landes, vor allem in den kritischen Bereichen Bildung, Infrastruktur und Modernisierung aufgezeigt, ohne dass neue Schulden gemacht werden müssen. „Wir Freie Demokraten haben mit unseren Änderungsanträgen einen modernen, zukunftsfesten und ausfinanzierten Haushalt für unser Bundesland ermöglicht. Wir haben Rekordsummen im Bereich der Bildung veranschlagt – von der Kita bis zur Spitzenförderung der Hochschulen. Wir haben gezeigt, wo Investitionen im Bereich der Infrastruktur und der Energieversorgung dringend notwendig sind, und wir haben aufgezeigt, welchen Weg Hessen gehen muss, um die Digitalisierung der öffentlichen Hand voranzutreiben und einen Spitzenplatz im Bereich der modernen Technologien einzunehmen. Doch wie auch in den Jahren davor hat Schwarz-Grün keinem der Änderungsanträge der Opposition zugestimmt“, erinnerte Schardt-Sauer. 

Schardt-Sauer kritisierte darüber hinaus, dass die Landesregierung die schwarze Null habe fallen lassen. Entgegen der vorherigen Ankündigung werden nämlich doch Schulden aufgenommen – und das ohne Notwendigkeit. „Die Einnahmen aus dem Jahr 2022 sind wesentlich höher als ursprünglich angenommen. Dazu sind die Rücklagen der Ministerien und die allgemeine Rücklage mehr als ausreichend gefüllt, um sich eben nicht Geld auf Kosten der zukünftigen Generationen teuer leihen zu müssen“, erklärte Schardt-Sauer. Während sich die schwarze Null verabschiede, zeige sich die grüne Null in voller Pracht. „Die grüne Null steht für null Verbesserungen in der Infrastruktur und der Energieversorgung des Landes. Tarek Al-Wazir wirtschaftet mit seinem Ministerium die Substanz der hessischen Infrastruktur herunter. Obwohl CDU und Grüne mehr als 100 Änderungsanträge zum eigenen Etatentwurf vorgelegt haben, gibt es keine Initiative, um den Straßenbau zu stabilisieren, Innenstädte zu fördern oder den Umstieg auf Wasserstoff als alternativen Energieträger endlich anzupacken.“

Freie Demokraten kämpfen für veränderten Umgang mit dem Wolf

Dass am Donnerstag der jüngsten Plenarwoche ein Pferd auf dem Dern’schen Gelände in der Wiesbadener Innenstadt stand, hatte einen politischen Grund: Sein Besitzer sowie weitere Tierhalterinnen und Tierhalter waren zu einer Mahnwache zusammengekommen, weil sie sich vor Wolfsangriffen auf ihre Tiere fürchten und von der Landesregierung nicht ausreichend ernst genommen fühlen. Im Landtag wurde derweil über den Umgang mit dem Wolf diskutiert: Vor dem Hintergrund zunehmender Wolfssichtungen und Wolfsnachweise hatten die Freien Demokraten das Thema als aktuelle Stunde in den Landtag eingebracht. „Ganz Hessen ist jetzt Wolfsgebiet“, stellte Wiebke Knell, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, fest und forderte die Landesregierung daher auf, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen sowie die Ängste der Menschen im Allgemeinen und der Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter im Besonderen endlich ernst zu nehmen. „Diese Menschen machen sich schlicht und einfach Sorgen um ihre Kinder, seitdem die Wölfe auch in die Dörfer kommen, und Sorgen um ihre Haus- und Nutztiere“, erklärte Knell mit Bezug auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Mahnwache. 

Wiebke Knell und Dr. Stefan Naas im Austausch auf der Mahnwache

„Wir Freie Demokraten wollen keine Wölfe, die durch Siedlungen streifen, die Nutztiere reißen oder die in der Nähe des Waldkindergartens sind. Hier geht es nicht um die Frage des Arterhalts, sondern um die Frage, wie man das Zusammenleben gestaltet. Es braucht eine schnelle, rechtssichere und artenschutzrechtlich vernünftige Lösung, um diese Problemwölfe entnehmen zu können“, forderte Knell. Die Landesregierung müsse den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen, und ihre eigene Förder- und Entschädigungspraxis überarbeiten. Das bedeute konkret, die Präventionsgebiete abzuschaffen – nur in diesen bekommen Tierhalter bislang über einen Grundschutz hinausgehende Unterstützung für Präventionsmaßnahmen wie höhere Zäune. „Die Realität hat die Wolfs-Schutzpolitik der Landesregierung längst überrollt. Da jetzt ganz Hessen Wolfsgebiet ist, muss die Unterstützung auch in ganz Hessen statt nur in bestimmten Gebieten gewährt werden“, machte Knell deutlich. 

„Ich bin Harry. Ein Weidetier – kein Wolfsfutter!“

Straftaten gegen Einsatzkräfte müssen konsequent verfolgt werden

Was in der vergangenen Silvesternacht passiert ist, war leider nicht neu: Immer wieder kommt es vor, dass Polizistinnen und Polizisten, Rettungskräfte und Feuerwehrleute angegriffen werden. Eine mehr als besorgniserregende Entwicklung, die dementsprechend breiten Raum in der jüngsten Sitzungsrunde des Landtags einnahm. Auch die Freien Demokraten hatten das Thema auf die Agenda gesetzt und zu ihrem Setzpunkt, das heißt zum Schwerpunkt, gemacht. Der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn, forderte die Landesregierung auf, diese Angriffe konsequent und schnell zu verfolgen: „DieIntensität und Häufigkeit von Übergriffen auf Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte, aber auch auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nehmen auch in Hessen kontinuierlichzu. Deshalb braucht es eine Strategie zur konsequenten und schnelleren Verfolgung von Straftaten gegen Einsatzkräfte. Die Reaktion des Rechtsstaats muss unmittelbar auf die Tat folgen, damit Gewalttäter die Wehrhaftigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und Konsequenz des Rechtsstaats spüren“, erklärte der ehemalige Justizminister. 

Hahn bekräftigte die Forderung der Freien Demokraten nach Umsetzung ihrer Zwei-Säulen-Strategie, die eine Stärkung von Polizei und Staatsanwaltschaft gleichermaßen vorsieht. Kurz vor der Plenarrunde hatte die Landesregierung immerhin eine Stärkung der Staatsanwaltschaften angekündigt, was nach Überzeugung der Freien Demokraten aber nicht ausreicht. „Dass die Landesregierung jetzt in allen hessischen Staatsanwaltschaften Sonderdezernate zur Verfolgung von Straftaten gegen Amtsträger schaffen will, kann nur der erste von mehreren dringend erforderlichen Schritten sein. Wir brauchen keine Ein-Säulen-Strategie, sondern eine Zwei-Säulen-Strategie“, erläuterte Hahn. Für schnelle und konsequente Verfahren brauche es auch eine Stärkung der Polizei, denn Polizistenseien die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, erinnerte Hahn- Deshalb soll nach Vorstellung der Freien Demokraten in den sieben hessischen Flächen-Polizeipräsidien jeweils ein Zentrum zur Verfolgung von Gewalt eingerichtet und das Personal entsprechend aufgestockt werden. 

Thomas Schäfer hält seine erste Landtagsrede

Eine Premiere gab es es am dritten und letzten Plenartag der Sitzungswoche: Thomas Schäfer hielt seine erste Rede als Abgeordneter des Hessischen Landtags. Der Maintaler gehört seit Jahresbeginn der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag an – er war für Stefan Müller in den Landtag nachgerückt, der sein Mandat zum Jahresende 2022 niedergelegt hatte. Als kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion sprach Schäfer, der selbst seit vielen Jahren kommunalpolitisch aktiv ist, nun höchst souverän zu einem Gesetzentwurf der Linken zur Aufhebung von Straßenbeiträgen in den hessischen Kommunen. Er verwies im liberalen Sinne auf die kommunale Selbstverwaltung, denn die Erhaltung der kommunalen Straßen und deren Finanzierung sei ureigene Aufgabe der Kommunen. „Das durch die Verfassung festgelegte Recht demokratisch gewählter kommunaler Mandatsträger gilt es zu achten“, betonte Schäfer.