Hessen steht in der Corona-Krise zusammen  

25.03.2020

Eigentlich sollte in dieser Sitzungswoche über vier Tage lang ein großes Pensum an Gesetzentwürfen und Anträgen bearbeitet werden, denn bereits im Februar war die Plenarwoche aufgrund des Anschlags in Hanau abgebrochen worden. Doch die Corona-Pandemie machte eine nur eintägige Notsitzung des Hessischen Landtags möglich. „Gerade in Krisenzeiten hat das Parlament den wichtigen Auftrag, als Legislative die Regierung zu unterstützen und zu begleiten. Das Parlament muss handlungsfähig bleiben, gerade auch in den wichtigen Entscheidungen zur Bekämpfung der Krise“, sagte René Rock zu Beginn der Sitzung. Diese war außergewöhnlich, denn auch wenn für die 137 Parlamentarier keine Versammlungsbeschränkungen gelten, mussten Abstands- und Hygienevorschriften zum Schutz vor Infektionen selbstverständlich auch im Plenarsaal eingehalten werden – durch reduzierte Präsenz, Ausweichen auf die Besuchertribüne und Nutzung von Videotechnik. Auf diese Weise konnte der Landtag in der Krise wichtige Entscheidungen auf den Weg bringen.  

Krise umfassend bekämpfen

In seiner Regierungserklärung bezeichnete Hessens Ministerpräsident die Corona-Krise als Herausforderung, wie es sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gegeben habe. So seien der Alltag der hessischen Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Wirtschaft von zahlreichen Beschränkungen und Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus schwer getroffen. Auch der Vorsitzende der Freien Demokraten im Hessischen Landtag bekräftigte die ernste Lageeinschätzung. Im Namen seiner Fraktion sagte er der Landesregierung Unterstützung für alle Maßnahmen zur Unterbrechung der Infektionskette und zur Unterstützung der Menschen zu, die um ihre finanzielle und berufliche Lebensgrundlage fürchten. „Der notwendige Kampf gegen das Virus darf nicht zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz einiger Bürger führen, die für das Corona-Virus genauso wenig verantwortlich sind wie jeder andere Bürger auch“, warnte Rock. Er rief dazu auf, weitere Maßnahmen in den Blick zu nehmen, um die Krise umfassend sowie best- und schnellstmöglich zu bekämpfen. Hierzu zählten

  • die Sicherstellung der bestmöglichen medizinischen Versorgung, auch durch Schwerpunkt-Krankenhäuser
  • der bestmögliche Schutz in Krankenhäusern, Arztpraxen, Rettungsdiensten, Pflegeeinrichtungen
  • die Sicherung der öffentlichen Ordnung und Lebensmittelversorgung
  • die Stärkung kritischer Infrastruktur, Wasserversorgung, Energie, Telekommunikation
  • schnelle, unbürokratische Unterstützung der hessischen Wirtschaft, der Beschäftigten und Unternehmen
  • Unterstützung der Schulen in der aktuellen Notlage sowie die
  • konsequente Nutzung digitaler Technologien.

„Es liegen gewaltige Aufgaben vor uns. Es besteht für mich kein Zweifel daran, dass wir alles tun müssen, um Menschenleben zu retten. Hessen steht in dieser historischen Zäsur zusammen, wir werden der Landesregierung den Rücken stärken“, sagte Rock abschließend.

Soforthilfen in Milliardenhöhe

Um die Gesundheitsversorgung in Hessen zu sichern und die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern, hat das Land Hessen einen Schutzschirm mit einem Volumen von insgesamt 8,5 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Während die Landesregierung den Bürgschaftsrahmen des Landes bereits auf 5 Milliarden Euro erweitert und steuerliche Hilfen in Höhe von mindestens 1,5 Milliarden Euro zugesagt hatte, verabschiedete der Hessische Landtag am Dienstag mit den Stimmen aller Fraktionen einen Nachtragshaushalt und beschloss, die Schuldenbremse zu lockern. Auf diese Weise sollen Soforthilfen in Höhe von zwei Milliarden Euro geleistet werden können.

„Große Unternehmen, kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch die vielen Kleinstunternehmer und Solo-Selbstständige sowie Freischaffende – sie alle waren und sind Teil unserer starken hessischen Wirtschaft.  Wir wollen, dass sie die Stärke auch zukünftig behalten“, begründete Marion Schardt-Sauer die Zustimmung der FDP-Fraktion. Die haushaltspolitische Sprecherin der Freien Demokraten betonte die Notwendigkeit, die finanziellen Hilfen schnell, unbürokratisch und zielgenau, am besten direkt durch die Finanzämter abzuwickeln.

Mit einer Mahnung wandte sich Schardt-Sauer an Finanzminister Dr. Thomas Schäfer und regte an zu prüfen, ob Einsparungen an anderer Stelle den Jahresetat stützen könnten. „Es wäre fatal, sich jetzt vom Landtag einen Blankoscheck über zusätzliche Mittel in Milliardenhöhe zu holen, ohne eigene Anstrengungen der Einsparung bisher geplanter Ausgaben anzugehen“, sagte sie mit Blick auf die Ausfälle bei möglicherweise bereits eingeplanten Steuereinnahmen.

Klare Regeln für Untersuchungsausschüsse

Auch abseits von Corona-Themen demonstrierte der Hessische Landtag an diesem Dienstag Einigkeit. So wurde ein gemeinsam von allen Fraktionen erarbeitetes und in dieser Sitzung eingebrachtes Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Hessischen Landtags verabschiedet. Zwar ist in der Hessischen Verfassung das Recht des Parlaments, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, verankert – immer wieder gab es zwischen den Landtagsfraktionen jedoch Streitigkeiten über Zusammensetzung, Arbeitsweise, Befugnisse und Ablauf der Untersuchungsausschüsse. Bemühungen um ein eigenes Untersuchungsausschussgesetz waren bislang gescheitert. Umso erfreulicher war es nun, dass es endlich gelungen war, ein eigenes Untersuchungsausschussgesetz auf den Weg zu bringen. „Besonders bemerkenswert ist es, dass es insgesamt gelungen ist, einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Regierungs- und Oppositionsfraktionen zu finden“, lobte Stefan Müller. Als Beispiel nannte er die Regelung, dass sich Regierungs- und Oppositionsfraktionen im Vorsitz der Untersuchungsausschüsse künftig abwechseln. „Das ist ein Novum für Hessen“, freute sich der innenpolitische Sprecher der Freien Demokraten im Hessischen Landtag. Mit den im Hessischen Untersuchungsausschussgesetz getroffenen Regelungen dürften Streitigkeiten zum Verfahrensablauf nunmehr Geschichte sein. Zukünftige Untersuchungsausschüsse können sich somit voll und ganz auf den Untersuchungsauftrag konzentrieren.

Politische Teilhabe von Nicht EU-Bürgern weiter gewährleisten

Angesichts der mangelnden Beteiligung an Ausländerbeiratswahlen haben die Regierungsfraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen einen Vorschlag unterbreitet, wie sie eine Verbesserung der politische Teilhabe auf kommunaler Ebene erreichen wollen. Ziel ihres in dieser Woche in zweiter Lesung erörterten Gesetzes ist ein sogenanntes Optionsmodell:  Kommunen, die bisher verpflichtet waren, Ausländerbeiräte wählen zu lassen, sollen die Möglichkeit haben, Integrationskommissionen mit Antragsrecht einzusetzen.

„Politische Partizipation durch Wahlen ist demokratische Wertschätzung. Der Ersatz von gewählten Ausländerbeiräten durch eine eingesetzte Integrationskommission nicht“, begründete Yanki Pürsün seine Ablehnung des Gesetzentwurfs. Der in

tegrationspolitische Sprecher der Freien Demokraten betonte, dass der Gesetzentwurf die Teilhabe nicht stärke, sondern begrenze. „Wir haben in jüngster Zeit viel darüber debattiert, wie wir unsere Demokratie stärken und Extremismus bekämpfen können. Wir haben so vielen ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu danken für ihren unermüdlichen Einsatz während der Corona-Krise, in der Pflege und in vielen anderen Bereichen. Dieser Gesetzentwurf nimmt diesen Menschen die Möglichkeit, sich an der direkten Demokratie zu beteiligen. Und das, obwohl die Betroffenen – von der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen bis zu den Kirchen – die Pläne von Schwarz-Grün ablehnen“, argumentierte Pürsün. Für die Freien Demokraten sei die geringe Beteiligung an Wahlen kein Grund, diese abzuschaffen, sondern ein Grund, den Dialog aufzuwerten und an der Wahlbeteiligung zu arbeiten. „Machen wir die Wahllisten voll und motivieren wir die Menschen, sich einzubringen. Die nach Hessen eingewanderten Menschen leben mitten unter uns. Lassen wir ihnen die Möglichkeit, sich zu politisch zu engagieren“, forderte Pürsün.

Link zur Pressemitteilung