Untersuchungsausschuss Stilllegung KKW Biblis

20.01.2015

ROCK: Bundesumweltministerium behindert Fortkommen des Ausschusses – FDP unterstützt Vernehmung des Ex-Kanzleramtsministers Pofalla

„Die Entscheidung des Bundesumweltministeriums (BMU), einem für den Untersuchungsausschuss wichtigen Zeugen die Aussagegenehmigung schlicht zu verweigern und den übrigen Zeugen nur unter massiven Einschränkungen die Aussage zu gestatten, ist nicht akzeptabel. Das BMU hat sich schon über die gesamte Zeit bezüglich der Zeugenladungen höchst unkooperativ gezeigt, was letztlich dazu geführt hat, dass im nächsten Termin des Ausschusses am Freitag nicht mit den Zeugenvernehmungen fortgefahren werden kann und der gesamte Terminplan ins Wanken gerät. Wir erwarten, dass die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Blockadehaltung gegenüber der Aufklärungsarbeit, warum auch immer sie diese eingenommen hat, endlich aufgibt. Hier ist auch die hessische SPD in der Pflicht, ihre Ministerin zur Vernunft zu bringen“, so der Obmann der FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss 19/1 des Hessischen Landtages zur Aufklärung der Verantwortlichkeiten für die rechtswidrige Stilllegungsverfügung des Kernkraftwerkes Biblis, René ROCK.

ROCK weiter:

„Die FDP-Fraktion wird zudem die geplante Vernehmung des ehemaligen Kanzleramtsministers Ronald Pofalla im Untersuchungsausschuss unterstützen. Zwar gehen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass Ministerpräsident Bouffier mit seinem Brief an den damaligen Vorstandsvorsitzenden von RWE, Dr. Großmann, aus Kumpanei und damit bewusst eine Grundlage für einen Schadenersatzanspruch des Energiekonzerns geschaffen hat – seine Darstellung, dieser Brief sei lediglich „politisch“ und damit rechtlich für den Schadenersatzanspruch irrelevant, ist jedoch ausgemachter Unsinn und eine reine Schutzbehauptung. Denn bereits das Zwischenurteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes zur Stilllegungsverfügung von Juli 2012 nimmt Bezug auf den Brief Bouffiers und stellt eindeutig dar, dass unter anderem auf Grund dieses Briefes von Bouffier an Dr. Großmann der RWE-Konzern keine freie Entscheidung mehr treffen konnte, ob er das Kernkraftwerk nach Ende des Moratoriums wieder anfährt oder nicht, weil sie mit der abermaligen und unmittelbaren Stilllegung durch das Land Hessen rechnen mussten. Aus diesem Grund, so das Gericht, sei ein Schadenersatzanspruch nicht per se ausgeschlossen. Wir halten es daher für sinnvoll, die aufgeworfenen Fragen zügig und in der von Seiten der SPD vorgeschlagenen Weise zu klären – insbesondere wie ein so fataler Fehler passieren konnte.“

Auszug aus dem Zwischenurteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2012, Aktenzeichen 6 C 824/11.T, Rn. 25 (Hervorhebungen im Originaltext nicht vorhanden):

(…)

Dem Beklagten ist zunächst nicht in der Ansicht zu folgen, der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der durch die Anordnung vom 18. März 2011 verursachten Schäden sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin trotz der Klageerhebung und der wegen der Wirkung des § 80 Abs. 1 VwGO rechtlich bestehenden Möglichkeit den Betrieb des Kraftwerks nach Abschluss der Revisionsarbeiten von sich aus nicht wieder aufgenommen habe. Dieser Einwand, der auf eine Art von Mitverschulden der Klägerin zielt, mag zwar im zivilgerichtlichen Prozess zu berücksichtigen sein, doch bleibt es dem zuständigen Zivilgericht vorbehalten, über die Stichhaltigkeit und gegebenenfalls den Umfang und die Auswirkungen des Vorbringens zu entscheiden. Es ist jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen gesellschaftspolitischen und rechtlichen Umstände, die im Zeitraum März bis Juni 2011 herrschten, insbesondere der von der Politik geäußerten oder vorgegebenen Ziele sowie deren Auswirkungen auf die Betreiber von Kernkraftwerken, ausgeschlossen, im hier anhängigen Verfahren eindeutig und sicher festzustellen, dass die Klägerin den streitbefangenen Block A trotz der bestehenden Suspensivwirkung der Klage ohne jede Beanstandung oder Beeinflussung der zuständigen Aufsichtsbehörde nach Erhebung der Klage wieder in den Leistungsbetrieb hätte führen können, so dass sie quasi „freiwillig“ die Möglichkeit der Gewinnerzielung oder die Vermeidung von zusätzlichen Kosten aufgegeben habe. So hat die Klägerin Unterlagen vorgelegt, die darauf hindeuten könnten, dass sie davon ausgehen durfte, es sei nicht sinnvoll, die – technisch komplexe – Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs wegen der dann bevorstehenden Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Moratoriums durch die Aufsichtsbehörde zu betreiben (vgl. Presseinformation des Ministeriums vom 1. April 2011, Bl. 137 der Gerichtsakten; Schreiben des Ministerpräsidenten an die Klägerin vom 13. Juni 2011, Bl. 143 der Gerichtsakten). Das Gericht hat in die Entscheidung zudem eingestellt, dass die Klägerin das ihr in dem maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich allein zur Verfügung stehende Rechtsmittel, nämlich die Klage, auch eingelegt hat. Sie hat somit das ihr rechtlich Mögliche getan.

(…)