Straßenbeiträge
- Gesetzentwurf schafft Erhebungszwang von Straßenbeiträgen ab und stärkt die kommunale Selbstverwaltung
- Straßenbeiträge sind enorme Belastung für viele Hauseigentümer
- Kommunen sollen selbst entscheiden, ob und wie sie Straßenbeitragssatzungen gestalten
WIESBADEN – Die FDP-Fraktion hat am heutigen Tage einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Erhebungszwangs von Straßenbeiträgen und für mehr kommunale Selbstverwaltung beschlossen. Dazu erklären der kommunalpolitische Sprecher Dr. h. c. Jörg-Uwe HAHN und der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, René ROCK: „Mit dem von uns ausgearbeiteten Gesetz wollen wir das Ende der Beschneidung der kommunalen Selbstverwaltung durch die Schwarz-Grüne Landesregierung einleiten, Investitionen in die kommunalen Straßen erleichtern und die Bürgerinnen und Bürger entlasten. Wir haben uns dabei an dem Gesetz orientiert, dass die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht hat. Der Gesetzentwurf sollte daher auch für CDU und Grüne zustimmungsfähig sein.“
Rock weiter:
„Die Notwendigkeit für eine Änderung der geltenden Rechtslage sieht die FDP-Fraktion deshalb, weil die Debatten rund um die Straßenbeiträge massiv zunehmen. Auch die Klagen, wie etwa die der Stadt Schlitz und der Stadtverordneten von Limburg zeigen, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt. Die Gründe für die Probleme vor Ort sind vielschichtig und von Kommune zu Kommune teils sehr unterschiedlich. So gibt es einige Kommunen (Schlitz, Mörfelden-Walldorf, Limburg, Rüsselsheim), die derzeit von der Kommunalaufsicht gegen den Willen der Bürgermeister und Stadtverordneten gezwungen werden, Straßenbeitragssatzungen einzuführen. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger können nicht mehr verstehen, warum ihre gewählten Kommunalpolitiker die Hände gebunden sind. Diese Einschränkung der Kommunalen Selbstverwaltung, die zwischenzeitlich bei allen Steuern und Gebühren durch die Landesregierung vollzogen wird, wollen wir durchbrechen, indem wir den Kommunen die Freiheit der Entscheidung zurückgeben.
Dazu kommen mehrere Fälle in Hessen, bei denen die bestehenden Satzungen zu unverhältnismäßig hohen Kosten für Anlieger geführt haben, wie etwa in Wetzlar oder Linden. Steigende Baukosten und überzogene Planungen führen dabei oft genug zu hohen fünfstelligen Beträgen, die für Rentner im Eigenheim unbezahlbar sind.
Wenn die Landesregierung sich die Förderung des ländlichen Raums auf die Fahnen schreibt, dann kann sie hier einen wichtigen Beitrag leisten. Denn gerade in den Ortskernen unserer Dörfer, gibt es einen hohen Leerstand. Dort brauchen wir mehr Flexibilität, um die Belastungen für mögliche Hauskäufer zu senken. So kann eine „drohende“ Straßensanierung durchaus ein echtes Hemmnis für die Belebung eines Ortskernes sein, da sie verhindert, dass sich jemand dafür entscheidet, ein renovierungsbedürftiges Haus zu erwerben.“
Dr. h.c. Hahn ergänzte:
„Insgesamt muss die Landespolitik reagieren und endlich die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger und auch der Kommunalpolitiker wieder ernster nehmen. Die Situationen und die Belastungen durch Grundsteuer und andere Steuern und Gebühren sind vor Ort sehr unterschiedlich. Deshalb muss es die Gemeinde vor Ort in der Hand haben, die Gesamtbelastung der Bürger selbst zu beurteilen und zu verändern. Durch die Herbsterlasse, den neuen Kommunalen Finanzausgleich und jetzt auch durch die geplante Gebührenfreistellung bei den Kindergärten sind die Kommunen jedoch nicht mehr Herr ihrer eigenen Einnahmen. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf hier einen ersten Schritt gehen, den wir nach der Landtagswahl in weiteren Bereichen dann fortsetzen wollen.
Dazu sieht unser Gesetzentwurf zwei Punkte vor. Erstens nehmen wir nach dem Vorbild Schleswig-Holstein eine Änderung der Hessischen Gemeindeordnung vor und legen fest, dass es keine Pflicht zur Erhebung von Straßenbeiträgen geben kann.
Nach der geltenden Rechtslage sollen die Kommunen Straßenbeiträge erheben. De facto gilt aber eine Erhebungspflicht, sobald die Kommune defizitär wird. Da eine Straßenbeitragssatzung auch aus Gerechtigkeitsgründen nicht nach Kassenlage eingeführt und wieder abgeschafft werden kann, soll dieses Gesetz den Kommunen die Entscheidungshoheit über die Frage der Erhebung von Straßenbeiträge und deren Höhe überlassen. Durch diese Änderung der Gemeindeordnung haben die Kommunen weiterhin die Möglichkeit, Straßenbeitragssatzungen zu erlassen und Beiträge zu erheben; eine Rechtspflicht dazu wird jedoch nicht mehr bestehen. Damit sollen die Gemeinden noch weitergehender die Möglichkeit haben, auf die örtlichen Gegebenheiten zu reagieren. Die Gesetzesbegründung stellt dabei klar, dass der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nicht zu Nachteilen bei der Genehmigung des Haushaltes oder der Mittelzuweisung des Landes führen darf. Bei der Prüfung der in der Haushaltssatzung genehmigungspflichtigen Festsetzungen darf die Erhebung bzw. der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen keine zu prüfende Tatbestandsvoraussetzung mehr sein.
Um konsistent zur Änderung der HGO zu bleiben, muss das Ermessen der Gemeinden auch im KAG erweitert werden. Damit die Kommunen ohne weitergehende Begründung auf Straßenbeiträge verzichten können, wird aus der bisherigen „Soll-Vorschrift“ zur Erhebung von Straßenbeiträgen nun eine „Kann-Vorschrift“.
Der zweite Punkt der Flexibilisierung ist die Klarstellung, dass die Höhe der Prozentsätze, die das Kommunalabgabengesetz vorschreibt individueller gestaltet werden können. Auf diese Weise kann eine Kommune die Höhe des Anteils, der von den Anliegern zu tragenden Straßenbeiträge, nach eigenem Ermessen verändern. Dies ermöglicht zum Beispiel im ländlichen Raum andere Ziele, wie die Dorfkernsanierung bzw. Stadtentwicklung oder andere örtliche Faktoren zu berücksichtigen. Insgesamt ist das ein ausgewogener Gesetzentwurf, der die Kommunalpolitiker dazu befähigt, die Bedürfnisse vor Ort zu berücksichtigen.“