Regierungserklärung zur Flüchtlingssituation in Hessen

Abschaffung von Kontrolle und Regeln führt nicht zu Humanität, sondern zu Anarchie in der Flüchtlingskrise – Nur ein handlungsfähiger Staat kann historische Herausforderungen meistern und Chancen ermöglichen

„Im Hessen und Deutschland dieser Tage kann man für die große Anteilnahme, die Hilfsbereitschaft und auch die Belastbarkeit des weit überwiegenden Teiles der Bürgerinnen und Bürger nur voller Dankbarkeit und Stolz größten Respekt zollen. Vor allem das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger in dieser historischen Ausnahmesituation ist beeindruckend. Diesbezüglich stimmen wir mit der Analyse des Ministerpräsidenten ohne Zweifel überein: „Hessen handelt!“. Angesichts der Entwicklungen der letzten Tage und Wochen muss man feststellen: Auch die politischen Entscheidungsträger handeln – bemüht, aber zu zögerlich jedoch die hessische Landesregierung, viel zu spät und kopflos die Bundesregierung“, so der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Florian RENTSCH, anlässlich der Regierungserklärung des Hessischen Ministerpräsidenten zur derzeitigen Flüchtlingssituation.

Rentsch weiter:

„Auch wir Freie Demokraten halten es nicht für angezeigt, in dieser Ausnahmesituation in Parteiengezänk zu verfallen – ein „Schwarze-Peter-Spiel“ zwischen Land, Bund und Europa hilft weder den Flüchtlingen, noch unserer Bevölkerung bei der Bewältigung der historischen Herausforderung, vor der wir stehen. Es ist aber ebenso wenig opportun, die erheblichen Fehler, die derzeit auch im Land, vor allem aber im Bund, gemacht werden, schweigend hinzunehmen und sehenden Auges wie eine Horde Lemminge den politisch Verantwortlichen in den gesellschafts- und integrationspolitischen Abgrund zu folgen. Nur mit einer ehrlichen Analyse können die bereits jetzt schon gemachten Fehler noch korrigiert werden.

  • Auf Bundesebene hat vor allem das BAMF, das dem Bundesinnenminister untersteht, in den vergangenen Monaten vollständig versagt: Obwohl die steigenden Flüchtlingszahlen lange absehbar waren, entsprechende Prognosen im Bundesamt vorlagen, wurden keinerlei personelle und organisatorische Vorkehrungen getroffen. Diese fahrlässige Untätigkeit müssen die Bundesländer, die Städte und Gemeinden nun ausbaden.
  • Es gibt dank der Großen Koalition in Berlin auch weiterhin kein echtes Einwanderungsgesetz, welches den Druck derer, die sich aussichtslos in ein Asylverfahren begeben, weil sie – nachvollziehbarer Weise – wirtschaftlicher Armut bspw. auf dem Balkan entkommen wollen, aus dem System nehmen könnte.
  • Die Kanzlerin höchst persönlich hat den Bruch europäischen Rechts zu verantworten, der zur aktuellen Situation erheblich beigetragen hat. Dabei ist es durchaus nachvollziehbar, die gescheiterte Dublin-Verordnung in Zweifel zu ziehen. Auch wir haben die Untauglichkeit bereits vor über anderthalb Jahren festgestellt und einen europäischen Verteilungsschlüssel gefordert – aber ein Aussetzen von geltenden Regeln ohne eine neue, europäische Lösung verhandelt zu haben, konnte nicht funktionieren und ist ein hegemoniales Gebaren, was Deutschland in seiner jüngeren europäischen Historie eigentlich stets fremd war.
  • In Hessen springt die Landesregierung bei der Integration und Sprachförderung von Asylbewerbern zu kurz – anders als beispielsweise in Bayern wird das so genannte IntEA-Programm nicht auch für junge Flüchtlinge über 18 Jahren angeboten. Eine unwahrscheinlich große Gruppe wird damit faktisch von der Nachholung der Schulbildung, die sie wegen ihrer Flucht verloren haben, ausgeschlossen.
  • Die Grünen blockieren aus ideologischen Gründen die dringend notwendige Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten im Bundesrat. Dabei ist es sowohl hinsichtlich unserer Aufnahmekapazitäten als auch für die Betroffenen selbst  unerlässlich, diejenigen, die ohne Chancen auf Anerkennung auf Asyl zu uns kommen, schnellstmöglich wieder in ihre Heimatländer zurückzuführen und keine falschen Hoffnungen zu schüren.

Setzt sich dieses Staatsversagen auf allen Ebenen weiter fort, werden wir als Gesellschaft die Herausforderungen, die sich durch die Flüchtlingsströme ergeben, nicht meistern können.

Es gibt eben nicht nur Radikale oder Gutmenschen, sondern eine sehr hilfsbereite und dennoch besorgte, breite Bevölkerungsschicht, die von uns erwarten, dass wir eine tragfähige, europäische Lösung finden, die eine gerechte Lastentragung vorsieht. Dies und nichts anderes muss unser aller Anspruch sein.“