Regierungserklärung

14.10.2014

BEER: Schwarz-grüner Hochschulpolitik‎ fehlt Gestaltungswille – Nicht Quantität, sondern Qualität muss bei Lehre und Forschung im Vordergrund stehen

Anlässlich der heutigen Regierungserklärung von Wissenschaftsminister Rhein erklärte die wissenschaftspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Nicola BEER: „Mit ihrer Hochschulfinanzierung sorgt die schwarz-grüne Landesregierung für Planungssicherheit an den hessischen Hochschulen, eine wirkliche finanzielle Verbesserung ist allerdings nicht zu erwarten. So haben sich unsere bisherigen Befürchtungen bestätigt, dass die BAföG-Mittel, die dem Land vom Bund zur Verfügung gestellt werden, nicht vollständig „on top“ in den Hochschulbereich investiert, sondern ersetzend für Maßnahmen aufgewendet werden, die seitens des Landes ohnehin geplant waren. In der Praxis bedeutet dies, dass es keinen realen Aufwuchs an freien Finanzmitteln geben wird, so dass folglich den Hochschulen kein zusätzliches Geld zur Verfügung steht, um neue Impulse zu setzen. Die bloße Ankündigung, das Budget auf 1,549 Mrd. Euro zu erhöhen reicht nicht aus, um die Hochschulen umfassend zu unterstützen, denn diese bezweifeln heute bereits, dass die nun angekündigten Mittel, die tatsächlichen Kosten, die im Rahmen einer Tariferhöhung entstehen werden, ausreichen werden. Eine reale Aufstockung der Finanzmittel ist dementsprechend nicht zwangsläufig gegeben. Ungeklärt ist auch noch, wohin die allein aus 2015 verbleibenden 31 Mio. Euro fließen werden, die übrig bleiben, wenn die Mittel für den Hochschulpakt 2020 abgezogen werden. Es gibt aktuell viele drängende Fragen, die die Zukunft der Hochschulpolitik in unserem Land betreffen. Entsprechend bedauerlich ist es, dass CDU und Grüne in diesem wichtigen Politikfeld jeglichen Gestaltungswillen vermissen lassen. Im Ergebnis lässt sich bisher festhalten, dass sich die Landesregierung mit fremden Federn des Bundes schmückt und Kürzungen im Landeshaushalt für HEUREKA und LOEWE vornehmen wird, um diese als Streckungen und sogar als Aufwuchs zu verkaufen.“

Weiter erklärte Beer:

„Gut ausgebildete junge Menschen sind die Zukunft unseres Landes. Für die FDP muss es daher das zentrale Ziel der Hochschulpolitik sein, dass diese Menschen ihre Potentiale bestmöglich entwickeln können und somit die Basis für ihren persönlichen Erfolg und darüber hinaus für die Innovationskraft unserer Gesellschaft legen. Wir halten es deswegen für einen Fehler, dass die Landesregierung keine Visionen entwickelt, wie die Wissenschafts- und Hochschullandschaft in Zukunft aussehen soll, welche Aufgaben und Herausforderungen angegangen werden müssen und zwar selbstverständlich ohne die Autonomie der Hochschulen wieder zurückzudrehen. Bis jetzt sind bei der schwarz-grünen Landesregierung keine eigenen Akzente in der Hochschul- als auch in der Forschungspolitik zu erkennen. Es fehlt die Bereitschaft, neben der Quantität auch die Qualität zu verbessern und eine entsprechende Qualitätsoffensive zu starten. Es ist unzureichend, wenn beispielsweise im Bereich der Lehre bloß die Quantität in dem Vordergrund steht und Kriterien für eine qualitativ gute Lehre hinten runter fallen. Wir müssen mit Blick auf unsere Hochschulen eine Qualitätsoffensive starten, die auch die Möglichkeiten und Chancen der Fachhochschulen berücksichtigt. Damit ist die Landesregierung nicht nur beim Aufbau zusätzlicher Studienplätze gefordert, sondern unter Qualitätsaspekten auch beim Aufbau eines wissenschaftlichen Mittelbaus an den Fachhochschulen. Ebenso ist die Intensivierung und Internationalisierung des Dualen Studiums an den hessischen Fachhochschulen notwendig.

Hessen verfügt über eine hervorragende Forschungslandschaft und auf diese Qualität sollten wir auch in Zukunft bauen. Deswegen ist es wichtig, LOEWE fortzuführen und sicherzustellen, dass die Forschungsprojekte und -programme verstetigt werden, um die Bereiche Forschung und Lehre auch in Zukunft zu stärken und den Wissens- und Technologietransfer zu nutzen. Dessen ungeachtet gibt es neben dem LOEWE-Programm eine sehr gute außeruniversitäre Forschung durch die Forschungseinrichtungen außerhalb der Rahmenvereinbarung, die jedoch teilweise recht stiefmütterlich behandelt werden. Aufgrund der Überrollung der finanziellen Mittel erreichen diese Forschungseinrichtungen die Grenze der Belastbarkeit. Es ist paradox, dass diese aufgrund ihrer erfolgreichen Arbeit finanziell vor die Herausforderung gestellt werden, sich in Zukunft wieder verkleinern zu müssen, wenn die Rahmenbedingungen seitens des Landes nicht verbessert werden. Hier stellt sich die Frage, wie viel Wert sind der schwarz-grünen Landesregierung diese Forschungseinrichtung und wie sollen diese in Zukunft unterstützt werden? Werden diese bei der Verteilung der BAföG-Mittel berücksichtigt und sind sie in den restlichen 31 Mio. Euro mit veranschlagt? Auch diese Antwort blieb der Wissenschaftsminister heute schuldig.

Auch im Bereich der Ausbildungsförderung sind keine Ideen zu erkennen. So profitieren die Studierenden zwar auf den ersten Blick von der moderaten Anhebung der Sätze, jedoch sucht man vergebens Akzente, um das BAföG an die Lebenswirklichkeiten anzupassen und auch zu entbürokratisieren. Wir fragen uns, ob das Kriterium „knapp über oder unter den Einkommensgrenzen“ noch zeitgemäß ist und sind der Überzeugung, dass das bisherige BAföG-Modell so reformiert werden muss, dass es transparent und sozial gerecht ist, dass es BAföG-Empfänger als selbständige Erwachsene statt als abhängige Auszubildende behandelt, alle Qualifizierungswilligen mit Studienplatzzusage unabhängig von der Situation der Eltern den Zugang zum Studium erleichtert. Wir setzen uns ein für ein Zwei-Säulen-Modell, das sich wie folgt zusammensetzt: erstens aus einem nicht rückzahlbarem Grundbetrag von 300 Euro, der jedem Studierenden zugutekommt und zweitens aus einem zinsgünstigen und -stabilen Darlehen von maximal 500 Euro im Monat. Das ist nach Studienende im Laufe des Erwerbslebens unter Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des ehemaligen Studenten zurückzuzahlen.

Das Hessen ein attraktiver Hochschulstandort ist, begrüßen wir ausdrücklich und ist Ausdruck eines guten Hochschul- und Forschungsstandortes. Wir ziehen aus diesem Grund Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an. Dies führt zu entsprechenden Ausgaben bei uns, aber dies darf nicht zu Lasten von Lehre und Forschung gehen. Die FDP schlägt seit Jahren vor, die Hochschulfinanzierung zu novellieren und endlich ein bundesweites Ausgleichssystem nach dem Grundsatz „Geld folgt Student“ zu realisieren. Die zusätzlich nach Hessen fließenden Mittel sollen den Hochschulen vollständig zur Verfügung gestellt werden. Es ist die Aufgabe der Landesregierung dies auf Bundesebene zu realisieren anstatt bei der Umverteilung der Mittel nur die Hand aufzuhalten und sich dann noch dafür feiern zu lassen.