Reform des Länderfinanzausgleichs

23.11.2012

FDP-Landtagsfraktionen fordern mehr Finanzautonomie für die Bundesländer

Ein neues Modell zur Reform des Länderfinanzausgleichs haben die drei Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg Thomas Hacker, Wolfgang Greilich und Hans-Ulrich Rülke am heutigen Freitag im Münchner Maximilianeum vorgestellt. Das Gutachten „Optionen für eine Reform des bundesdeutschen Finanzausgleichs“ des Freiburger Volkswirtschaftlers Lars P. Feld und des Mainzer Finanzverfassungsrechtlers Hanno Kube macht Vorschläge für eine stärkere Finanzautonomie der Bundesländer.

Dies hat auch den Zweck, den Wettbewerb zwischen den Bundesländern zu beleben. Bundesländer, die ihre Haushalte konsolidieren, sollen nicht unverhältnismäßig für die Neuverschuldung anderer Bundesländer aufkommen müssen. Eine höhere Haushaltsautonomie stärkt auch die Demokratie in den Bundesländern, da Wählerinnen und Wähler mehr Einfluss darauf gewinnen, wie die Staatseinnahmen ihres Bundeslandes ausgegeben werden sollen. Ebenfalls wird klarer, wie sich Landespolitik auf die öffentlichen Finanzen vor Ort auswirkt.

Thomas Hacker, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag: „Das Gutachten macht konstruktive Vorschläge für einen vernünftigen und verfassungsgemäßen Länderfinanzausgleich. Es zeigt auch, wo die Herausforderungen liegen. Wir wollen und werden an der Solidarität im Länderfinanzausgleich nicht rütteln. Aber es hat keinen Sinn, dass ein Bundesland wie Bayern eine solide Haushaltspolitik betreibt und eisern spart, um Schulden abbauen zu können – nur um schließlich immer mehr Überschüsse abgeben zu müssen an Länder, die weniger verantwortlich mit ihren Finanzen umgehen als wir.“

Wolfgang Greilich, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag: „Das Gutachten unterstützt unsere Position, dass der derzeitige Länderfinanzausgleich den Nehmerländern Anreize bietet, ihr eigenes Steueraufkommen geringer zu halten, um so mehr Geld von den Geberländern zu erhalten. Unsere bereits bekannte Forderung nach mehr Finanzautonomie und der Einführung deutlicher Anreize für Nehmerländer, ihre Einnahmen zu erhöhen, untermauert das Gutachten. Hessen wird in den Jahren 2013 und 2014 knapp 4 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich zahlen und damit vermutlich wieder das Bundesland mit dem höchsten Betrag pro Kopf sein. Diese Zahlungen stellen eine schwere Zusatzhypothek bei der Konsolidierung unseres Landeshaushalts dar. Daher werden wir nicht bis zum Auslaufen der bisherigen Regelungen im Jahr 2019 warten, sondern in dem wahrscheinlichen Fall, dass sich die Nehmerländer weiterhin gegen Verhandlungen sperren, Anfang 2013 Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen.“

Dr. Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg: „Wir brauchen für alle Bundesländer ein stärkeres Anreizsystem, das Sparen belohnt und neue Schulden ahndet. Die Länder brauchen mehr Autonomie bei der Besteuerung, und der Verteilungsschlüssel muss sich künftig mehr am tatsächlichen Bedarf orientieren und weniger an der reinen Einwohnerzahl. Dieses Gutachten zeigt auf, wie eine Reform eines bundesdeutschen Finanzausgleichs ohne Grundgesetzänderung möglich ist. Wir müssen den bestehenden Länderfinanzausgleich vereinfachen und die derzeitigen Fehlanreize beseitigen. Beim Länderfinanzausgleich dürfen nicht mehr Verteilungskompromisse im Vordergrund stehen. Stattdessen brauchen wir eine transparente Systematik.“

Die Gutachter sprechen sich dafür aus, die Lohn- und Einkommensteuer künftig nicht mehr nur nach dem Wohnsitzprinzip, sondern je zur Hälfte nach Wohnsitz und nach Betriebsstätten zu verteilen. Bundesländer sollen außerdem Zuschläge auf eine zuvor allgemein gesenkte Einkommenssteuer erheben können. Derzeit bestehe für Bundesländer ein Anreiz zur Einwohnermaximierung, nicht aber zur Maximierung ihrer Wirtschaftskraft – was vor allem Nachbarländer von Stadtstaaten begünstige. Bei der Umsatzsteuer plädieren Feld und Kube dafür, sie ausschließlich nach der Einwohnerzahl auf die Länder zu verteilen.

Ausgleichszahlungen sollten sich nach Meinung der Gutachter künftig an den „tatsächlichen finanziellen Möglichkeiten“ und nicht mehr an den aktuellen Einnahmen der jeweiligen Länder orientieren, so Feld. „Die Summe der Bemessungsgrundlagen aus Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Erwerbschaftsteuer bildet das Besteuerungspotential eines Landes gut ab“, so Kube. Ein sogenannter Finanzkraftindex könne künftig die fiskalischen Ressourcen anzeigen, die ein Bundesland hätte, wenn es pro Einwohner dieselbe Bemessungsgrundlage anlegte wie Gesamtdeutschland. „So ließen sich 5 bis 15 Prozent der neuberechneten Überschüsse abschöpfen und umverteilen. Eine Abschöpfungsrate von 15 Prozent ist dabei sicher zu hoch. Optimal dürfte eine Abschöpfung in der Mitte dieses Spektrums sein“, schließt Feld.