Offener Brief von Florian Rentsch an Ministerpräsident Bouffier

20.01.2015

Offener Brief von Florian Rentsch an Ministerpräsident Bouffier bezüglich der Kritik des grünen Koalitionspartner an Unternehmensentscheidungen der FRAPORT AG

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Bouffier,

ich schreibe Ihnen in Ihrer Funktion als Landesvorsitzender der CDU Hessen und damit als Koalitionspartner der Grünen in Hessen. Mit Entsetzen haben wir die Einlassungen des Fraktionsvorsitzenden Ihres Koalitionspartners, Mathias Wagner, gestern zur Kenntnis nehmen müssen, der in unangemessen scharfem Ton die unternehmerische Entscheidung von FRAPORT-Vorstandchef Stefan Schulte, im Sommer 2015 mit den Bauarbeiten für das Terminal 3 beginnen zu wollen, kritisiert hat.

Die Freien Demokraten halten es für einen bislang einmaligen Vorgang, dass sich ein Vertreter einer CDU-geführten Regierungskoalition in derart heftig aggressiver Weise an einem bedeutenden hessischen Unternehmen öffentlich abarbeitet. Im Gegensatz zu Herrn Wagner sehen wir weder Widersprüche in der Argumentation von Herrn Schulte hinsichtlich der Erklärung der Notwendigkeit des Baus von Terminal 3, noch ist für uns die ihm unterstellte „Ignoranz gegenüber den Sorgen der unter Lärmbelastung leidenden Anwohner des Flughafens“ nachvollziehbar. Sofern diese Kritik, die aus unserer Sicht unsachlich und rein parteipolitisch motiviert ist, unwidersprochen bleibt, befürchten wir eine schwerwiegende Auseinandersetzung zwischen der Regierungskoalition und dem Flughafenbetreiber FRAPORT AG.

In einer ersten Reaktion erklärten Sie gestern, dass sowohl die Position der Fraport als auch die der Landesregierung bekannt sei. Angesichts des Kontextes der Ausführungen des Fraktionsvorsitzenden der Grünen ist diese Aussage jedoch mehr als missverständlich. Daher bitte ich Sie klarzustellen, inwieweit die gestrige Pressemitteilung von Herrn Wagner die Position der Landesregierung widergibt. Ich teile ausdrücklich Ihre Einschätzung, dass sich durch die Äußerungen von Fraport-Chef Schulte kein neuer Sachverhalt ergeben hat, da das Unternehmen stets die Notwendigkeit des Baus eines dritten Terminals betonte und dies auch stichhaltig mit Prognosen und Gutachten darlegen konnte. Im Übrigen leitet der Vorstand nach Paragraph 76 Absatz 1 Aktiengesetz unter eigener Verantwortung, nicht durch kluge Ratschläge aus der Politik. Jedoch ist klar, dass sich durch die gestrigen Aussagen von Herrn Wagner durchaus ein neuer Sachverhalt ergeben hat, da sich die Landesregierung durch derartige Aussagen in einen offenen Konflikt mit einem der wichtigsten Unternehmen Hessens begibt.

Während der gemeinsamen Koalitionszeit von CDU und FDP stand stets fest, dass wir gemeinsam die Wachstumspotentiale des Frankfurter Flughafens zum Wohle der wirtschaftlichen Entwicklung des Rhein-Main-Gebiets und zum Schutze der für die Region immens wichtigen Arbeitsplätze fördern wollen. In diesem Zusammenhang war es ausgeschlossen, unternehmerische Entscheidungen von außen zu kommentieren, gar zu lenken oder politisch zu beeinflussen. Dies hat sich vollständig geändert.

Entsprechend sehen wir mit Besorgnis die ausgeprägte Motivation ihres grünen Koalitionspartners, der FRAPORT AG vorschreiben zu wollen, welcher unternehmerische Kurs der richtige sei. Wir bitten Sie daher im Sinne einer weiteren positiven Entwicklung des Frankfurter Flughafens, von der das gesamte Rhein-Main-Gebiet profitieren wird, in Ihrer Funktion als Hessischer Ministerpräsident ein klares Bekenntnis zur unternehmerischen Freiheit abzugeben und klarzustellen, dass Herr Wagner mit seinen Aussagen nicht für die Landesregierung spricht sowie auf ihn einzuwirken, sich bei der FRAPORT AG zu entschuldigen. Der Schaden für den Wirtschaftsstandort Hessen wäre ansonsten immens.

Auf Grund des großen Interesses an diesem Thema bitte ich um Verständnis, dass wir diesen Brief der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Rentsch
Fraktionsvorsitzender