Öffentlichen Anhörung zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz im Bundestag

19.06.2017
  • Hasskommentare und strafbare Falschnachrichten müssen in sozialen Netzwerken effektiv bekämpft werden
  • Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist verfassungswidrig und nicht geeignet, das gewünschte Ziel zu erreichen
  • Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz muss dem Bundestag empfehlen, dass NetzDG abzulehnen

Anlässlich der Öffentlichen Anhörung zum NetzDG im Deutschen Bundestag erklärte die Abgeordnete der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Nicola BEER: „Soziale Netzwerke sind kein rechtsfreier Raum. Wir Freidemokraten fordern eine gesetzliche Regelung, die effektiv gegen verachtungswürdige Beleidigungen, Drohungen und strafbare Falschnachrichten vorgeht. Leider wird der vorliegende Gesetzesentwurf diesem Ziel nicht gerecht, da er die Entscheidung auf die Betreiber sozialer Netzwerke delegiert, ob eine Meinungsäußerung noch Satire ist oder als Beleidigung, Verleumdung oder Volksverhetzung strafbar ist. Statt einer verfassungswidrigen Privatisierung der Rechtsdurchsetzung brauchen wir eine effektive Zusammenarbeit von sozialen Netzwerken und Strafverfolgungsbehörden, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt und Hasskommentare und strafbare Falschnachrichten zeitnah aus dem Internet löscht. Dieses Ziel kann erreicht werden, indem wir den Betreibern sozialer Netzwerke Prüfpflichten auferlegen, die Entscheidungsgewalt, ob ein Beitrag zu löschen ist, aber bei den staatlichen Akteuren verbleibt. Denn eine Bekämpfung von Hasskommentaren und strafbaren Falschnachrichten kann immer nur im Rahmen des Rechtsstaats gelingen.

Diesem Anspruch wird der Gesetzesentwurf jedoch nicht gerecht. Das NetzDG sieht nicht einmal eine Regelung zur Errichtung von Clearingstellen bei den Betreibern sozialer Netzwerke vor, um Overblocking entgegenzuwirken. Der Nutzer kann sich nicht gegen eine Löschung oder Sperrung zur Wehr setzen, womit der vorliegende Gesetzesentwurf gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör verstößt. Zudem fehlen präventive Mittel verwaltungsrechtlicher Befugnisse, da das NetzDG ausschließlich auf das repressive Mittel des Bußgeldes setzt. Neben diesen exemplarisch aufgeführten inhaltlichen Mängeln ist der Bund darüber hinaus nicht einmal zur Gesetzgebung befugt, da der Schutz des Kommunikationsprozesses den Ländern obliegt.“

Beer weiter:

„In unserer Einschätzung, dass der vorliegende Gesetzesentwurf gegen das Rechtsstaatsprinzip, die Meinungsfreiheit und die Landesgesetzgebungskompetenz verstößt, fühlen wir uns durch die Stellungnahmen der Sachverständigen im Rahmen der Öffentlichen Anhörung zum NetzDG bestätigt. Daher fordern wir die Mitglieder des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz auf, die in der Öffentlichen Anhörung geäußerte Kritik ernst zu nehmen, und das NetzDG zu stoppen, indem sie dem Bundestag empfehlen, den vorliegenden Gesetzesentwurf abzulehnen. Schließlich ist die Meinungsfreiheit fundamentaler Bestandteil der Menschenwürde und für einen demokratischen Rechtsstaat konstituierend.“