Länderfinanzausgleich (LFA)
Christean Wagner und Wolfgang Greilich: „Nach dem Scheitern der Verhandlungen können die Ungerechtigkeiten des Länderfinanzausgleichs nur noch durch eine Verfassungsklage beseitigt werden“ – „Verhalten der SPD Hessen ist verantwortungslos und schadet hessischen Bürgern“
„Nach dem Scheitern der Verhandlungen über eine Reform des Länderfinanzausgleichs können die Ungerechtigkeiten nur noch durch eine Verfassungsklage beseitigt werden. Das Ungleichgewicht des jetzigen Systems macht sich auch daran fest, dass seit dem vergangenen Jahr mit Hessen, Bayern und Baden-Württemberg nur noch drei Geberländer 13 Nehmerländern gegenüberstehen. Die Mehrheiten verschieben sich damit immer mehr zu Lasten der drei stärksten Länder. Es ist nur folgerichtig, dass Hessen gegen das derzeitige ungerechte, intransparente und leistungsfeindliche System des Länderfinanzausgleichs klagt. Wir sind fest davon überzeugt, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe feststellen wird, dass der gegenwärtige bundesstaatliche Finanzausgleich verfassungswidrig ist. Es kann nicht sein, dass Hessen vom vierten Rang bei den Steuereinnahmen pro Kopf nach den Ausgleichzahlungen auf den drittletzten Platz im bundesweiten Vergleich zurückfällt“, erklärten die Vorsitzenden der hessischen Landtagsfraktionen von CDU und FDP, Dr. Christean Wagner und Wolfgang Greilich, anlässlich der Vorstellung des gemeinsamen Antrages „Handeln im Interesse von Hessen – Klage gegen den Länderfinanzausgleich ist der richtige Weg zu mehr Gerechtigkeit“ (Drs. 18/7017).
„Die Ablehnung einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht durch den SPD-Landesvorsitzenden Schäfer-Gümbel und die SPD Hessen ist verantwortungslos und schadet den hessischen Bürgern. Die Behauptung, dass Änderungen im LFA nicht ausreichend verhandelt worden seien, ist schlichtweg falsch“, so Wagner. Seit Januar 2011 sei auf der Ministerpräsidentenkonferenz mehrfach über eine Reform verhandelt worden. Ein Teil der Länder habe sich in dieser Frage aber nicht bewegen wollen. So hatte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Kraft Anfang Februar ankündigt, „keine Änderungen am bestehenden System vor 2019 zu verhandeln.“ „Hessen hat sich jahrelang intensiv bemüht, den bundesstaatlichen Finanzausgleich auf dem Verhandlungswege anzupassen und so die verfassungswidrige Schieflage zu korrigieren. Ein konstruktiver Dialog war – trotz größter Bemühungen der Geberländer auf die Nehmerländer zuzugehen – nicht möglich. Es ist deshalb vollkommen unverständlich, dass sich die Opposition in Hessen gegen die notwendige Klage stellt. Insbesondere die SPD zeigt in dieser Frage deutlich, dass ihnen die eigenen parteipolitischen Positionen wichtiger sind als die Interessen unserer Bürger. Schäfer-Gümbel und seine Parteifreunde müssen also Stellung beziehen: Sind sie vorrangig Hessen oder zu allererst Genossen?“, fragte Greilich und Wagner ergänzte: „Die Genossen verraten aus rein parteipolitischer Motivation die Interessen der Hessen. Für uns stehen das Land und seine Bürger an erster Stelle und nicht die Partei. Nach dem Scheitern der Verhandlungen ist die Verfassungsklage der einzig zielführende Weg und im Interesse der hessischen Steuerzahler notwendig und geboten.“
Hessen musste seit 1999 30 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Im selben Zeitraum hat das Land Schulden in Höhe von 18,8 Milliarden Euro aufgenommen und war gezwungen, die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich zum Teil durch Darlehensaufnahmen zu finanzieren. Seit der Gründung der Bundesrepublik haben mit Hessen und Baden-Württemberg nur zwei Länder immer in den LFA eingezahlt. „Der LFA stellt die Lebenswirklichkeit auf den Kopf. Ohne ihn müsste Hessen keine neuen Schulden machen, könnte Rücklagen bilden oder zusätzliches Geld in Infrastrukturmaßnahmen oder Leistungen für Familien investieren. Es geht nicht an, dass die hessischen Steuerzahler drei kostenlose Kindergartenjahre in Rheinland-Pfalz und Berlin finanzieren, während wir uns in Hessen nur ein kostenloses Jahr leisten können. Ebenso wenig akzeptabel ist es, dass die hessischen Steuerzahler über den LFA für das durch die SPD-geführten Landesregierungen in Berlin und Brandenburg verursachte Chaos beim Flughafenbau mit Milliardenbelastungen aufkommen müssen. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Ein Ausgleichssystem, dass die Starken schwächt und die Schwachen nicht zu mehr Leistung und Eigenverantwortung motiviert, darf nicht weitergeführt werden“, sagte Wagner.
„Die christlich-liberale Koalition in Hessen bekennt sich ausdrücklich zum solidarischen Finanzausgleich zwischen den Ländern. Diese Solidarität gehört zu den Grundprinzipien unserer Verfassung. Ohne diese Solidarität hätte es keinen erfolgreichen Aufbau der neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung gegeben und ohne den LFA hätte es beispielsweise Bayern nicht vom strukturschwachen Nehmerland zu einem der stärksten Geberländer geschafft und seit 1993 ebenfalls dauerhaft in den LFA einzahlt. Der Erfolg Bayerns ist Ergebnis einer erfolgreichen Strukturpolitik und zeigt: Die Solidarität der Geberländer darf die Eigenverantwortung der Nehmerländer nicht ersetzen. Die Leistungen müssen für die Nehmerländer Hilfe zur Selbsthilfe sein und als Ansporn zur Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit dienen. Der Länderfinanzausgleich in seiner heutigen Form setzt diese Anreize nicht mehr und muss deshalb dringend reformiert werden“, erklärte Greilich.
Die Hoffnungen, die mit der letzten LFA-Reform im Jahr 2001 verbunden worden waren, hätten sich nicht erfüllt. Der Länderfinanzausgleich habe sich nicht zu einem gerechteren System entwickelt, sondern die Schere zwischen Geber- und Nehmerländern sei weiter auseinander gegangen. Zudem habe die Reform von 2001 auf einer anderen Verfassungsgrundlage gestanden. Sowohl auf Bundesebene als auch in der Hessischen Verfassung sei inzwischen die Schuldenbremse verankert worden, die spätestens ab dem Jahr 2020 eine Nettoneuverschuldung von Null vorsehe. „Ging es bisher allein darum, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zu schaffen, so ist nun auch das Schuldenverbot hinzugekommen, das die Ungerechtigkeit des LFA noch stärker spüren lässt. Wir werden entschlossen den Weg einer soliden und verantwortungsvollen Haushaltspolitik – im Zweifel auch gegen SPD und Grüne – weitergehen. Wir wollen, dass der in Hessen erwirtschaftete Erfolg auch den Hessen zu Gute kommt“, so die beiden Fraktionsvorsitzenden.
Fakten zum Länderfinanzausgleich
• 13 Nehmerländer werden durch 3 Geberländer finanziert.
• Hessen und Baden-Württemberg haben seit 1950 durchgängig eingezahlt.
• Bayern hat es als einziges Land vom Nehmerland zum dauerhaften Geberland (seit 1993) geschafft.
• Hessen hat seit 1950 47,2 Milliarden, seit 1990 39,8 Milliarden Euro eingezahlt.
• Hessen hat bei den Steuereinnahmen das viertbeste Ergebnis, fällt nach den Zahlungen in den LFA auf den drittletzten Platz zurück (Stand 2011).
• Hessen wäre ohne Länderfinanzausgleich schuldenfrei. Seit 1999 hat Hessen knapp 30 Milliarden Euro eingezahlt und im gleichen Zeitraum 18,8 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen.
• Hamburg verfügt über die größte Pro-Kopf-Finanzkraft aller 16 Länder, erhält aufgrund der sogenannten Einwohnerveredelung aber noch Leistungen aus dem LFA.
• 2012 hat Berlin 40 Prozent aller Mittel aus dem Länderfinanzausgleich erhalten. Berlin hat 2012 dadurch sogar einen Haushaltsüberschuss von 600 Millionen Euro erzielt.
• Nehmerländer wie Berlin oder Rheinland-Pfalz können sich drei kostenlose Kindergartenjahre leisten. In Hessen ist nur ein kostenloses Jahr möglich.
• Auch die Hessischen Kommunen sind betroffen: Von jeder Milliarde, die Hessen weniger in den LFA einzahlen muss, erhalten die Kommunen 230 Millionen Euro.
• Allen drei bisherigen LFA-Reformen IST jeweils ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den Jahren 1986, 1992 und 1999 vorausgegangen.