Gesetzesberatung zur Änderung der Hessischen Verfassung
- FDP begrüßt historische Debatte und fraktionsübergreifendenden Kompromiss zur Verfassungsreform
- Erstmals nach 70 Jahren wird Hessische Verfassung an Wirklichkeit angepasst
- Neuerungen führen die Verfassung ins digitale Zeitalter
Anlässlich der heutigen Einbringung der Gesetzentwürfe zur Änderung der Hessischen Verfassung, erklärte der Obmann der FDP-Fraktion in der Enquetekommission Verfassungskonvent, Dr. h.c. Jörg-Uwe HAHN: „Die Debatten im Hessischen Landtag sind selten von großer Einigkeit geprägt. Zu groß sind im Regelfall die Differenzen zwischen Regierung und Opposition. Angebote zur Zusammenarbeit über bestehende Mehrheitsverhältnisse hinweg sind selten. Die Verfassungsreform stellt hier eine rühmliche Ausnahme dar. So haben sich die demokratischen Fraktionen bereits im Einsetzungsbeschluss darauf verständigt, „die Hessische Verfassung in ihrer Gesamtheit zu überarbeiten und Vorschläge für ihre zukunftsfähige Gestaltung zu unterbreiten“. Trotz der Störgeräusche aus der Landesregierung, die immer wieder versucht hat, die Reform klein zu halten, debattieren wir heute die umfangreichste Verfassungsreform in der Geschichte Hessens. In 71 Jahren gab es bislang nur 8 Änderungen. Heute lesen wir allein 15 gemeinsame Gesetzentwürfe,
4 weitere stehen zur Debatte. Die heutige Debatte ist historisch.
Das Ziel der Freidemokraten zur Änderung der Hessischen Verfassung war und ist eine Verfassungsreform, die den Namen verdient: Wir wollen Überholtes streichen, Bürgerrechte stärken und die Staatsstruktur modernisieren. Diese Ziele haben wir parlamentarisch erreicht. Aus allen drei Bereichen liegen Reformvorschläge vor. So soll nun endlich die Todesstrafe aus der Hessischen Verfassung gestrichen und das passive Wahlrecht zum Hessischen Landtag auf 18 Jahre gesenkt werden. Denn niemand versteht, warum eine junge Hessin/ein junger Hesse mit 18 Jahren für den Bundestag und auf Kreisebene für ein politisches Amt kandidieren darf, nicht aber für den Landtag.
Wir wollen aber nicht nur Überholtes streichen, wir schaffen auch neue Bürgerrechte. So wollen wir die Hessische Verfassung um Kinderrechte und Digitalisierungsrechte anreichern. Über letzteres freue ich mich ganz besonders, da wir Freidemokraten die übrigen Fraktionen von unserer Idee eines Digitalisierungsgrundrechts überzeugen konnten und in einem neuen Art. 12a HV ein Datenschutzgrundrecht und ein Computergrundrecht einführen. Dies dient dem Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter und hilft, die Computer der Menschen vor heimlichen Zugriffen zu bewahren.“
Dr. h.c. Hahn weiter:
„Wir legen Gesetzentwürfe vor, die die Staatsstruktur modernisieren. So freuen wir uns ganz besonders über die auf unseren Vorschlag erfolgte Aufnahme des Staatsziels Infrastruktur. Dieses Staatsziel ist geeignet, den Straßen- und Breitbandausbau zu forcieren und ermöglicht den Menschen in Stadt und Land Chancengerechtigkeit.
Wir möchten die Menschen an Entscheidungsprozessen stärker beteiligen und wollen die Hürden für Volksbegehren und Volksabstimmungen senken. Statt 20 Prozent der Stimmberechtigten sollen zukünftig bereits Unterschriften von 5 Prozent der Stimmberechtigten ausreichen, um eine Volksabstimmung zu erwirken. Die Volksabstimmung soll dann erfolgreich sein, wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen sich für die Abstimmung ausspricht und zugleich 25 Prozent der Stimmberechtigten repräsentiert. Durch diese Regelung erleichtern wir Volksabstimmungen und verhindern zugleich, dass organisierte Minderheiten sich gegen die schweigende Mehrheit durchsetzen.
Neben den gemeinsamen 15 Gesetzesentwürfen haben wir Freidemokraten noch zwei weitere Gesetzesentwürfe zur Änderung der Hessischen Verfassung eingebracht. So möchten wir Parlamentsminderheitenrechte stärken, indem wir die Opposition als grundlegenden Bestandteil der parlamentarischen Demokratie anerkennen. Denn nicht das Parlament kontrolliert die Regierung, sondern die Opposition nimmt diese für die Demokratie herausragend wichtige Aufgabe wahr. Bislang kennt die Hessische Verfassung aber keine Minderheitenrechte. Diesen Konstruktionsfehler wollen wir beheben.
Um Politikverdrossenheit entgegenzuwirken und keine Kluft zwischen Volk und Volksvertretern aufkommen zu lassen, schlagen wir mit einem weiteren Gesetzesentwurf vor, die Amtszeit des Ministerpräsidenten auf zwei Amtszeiten zu beschränken. Politik ist kein Selbstzweck. Sie will die Lebenssituation der Menschen verbessern.
Die heute vorgelegten Entwürfe sind geeignet, um unsere Hessische Verfassung in das digitale Zeitalter zu führen und bieten einen Mehrwert für jede Bürgerin und jeden Bürger in Hessen. Daher möchte ich alle Demokraten bitten, für die Änderungsvorschläge beim Volk zu werben.“