Fragwürdige Vergabepraxis im CDU-geführten Innenministerium

FDP und SPD beantragen Untersuchungsausschuss zur fragwürdigen Vergabepraxis im CDU-geführten Innenministerium

FDP und SPD wollen die Vergabepraxis des Innenministeriums von einem Untersuchungsausschuss überprüfen lassen. Das gaben die beiden Fraktionsvorsitzenden René ROCK und Thorsten SCHÄFER-GÜMBEL am Freitag in einer Pressekonferenz im Landtag bekannt. Zuvor hatten die innenpolitischen Sprecher beider Parteien, Wolfgang GREILICH und Nancy FAESER, Akteneinsicht im Innenministerium genommen. Sie waren dabei zu dem Schluss gekommen, dass die Vergabeverfahren über millionenschwere Verträge nicht den Anforderungen genügen, die an solche Vertragsabschlüsse zu stellen sind. Es geht dabei u.a. um die Anschaffung der Analysesoftware  „Gotham“ der amerikanischen Firma Palantir und um Abschleppaufträge der Polizei in den Jahren 2015 bis 2017.

Greilich sagte dazu:

„Hinsichtlich Palantir stellt sich zunächst generell die Frage, ob die Beauftragung dieser Firma, die wegen ihrer Verbindungen zu der in den Facebook-Skandal verwickelten Firma Cambridge Analytica und wegen der missbräuchlichen Nutzung von Kundendaten in den USA in der Kritik steht, mit hessischen Sicherheitsinteressen vereinbar ist. Dabei steht die Frage im Raum, ob beispielsweise  Dritte – nämlich Palantir-Mitarbeiter – im Zusammenhang mit dem Auftrag Zugang zu polizeilichen Daten haben. Und wir wollen vor allem wissen, warum es keine Ausschreibung, sondern eine Direktbeauftragung gegeben hat. Es gibt Gründe für den Verdacht, dass unter Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen die Beauftragung auf Drängen des Ministers erfolgte und dass auch hierzu unzutreffende bzw. mindestens unvollständige Angaben gemacht wurden.“

Greilich weiter:

„Bei den Abschleppaufträgen geht es um eine Vielzahl von freihändigen Vergaben ohne Rahmenvertrag und ohne Ausschreibungen. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Ausschreibung bzw. Nichtausschreibung von Abschleppmaßnahmen durch die hessische Polizei waren offensichtlich falsche Zahlenangaben des Innenministers enthalten. Die nach Zeitungsveröffentlichungen erfolgte Berichtigung, wonach nicht wie ursprünglich angegeben 1,44 Millionen Euro an Abschleppaufträgen ohne Ausschreibung vergeben wurden, sondern dass es sich um ein Volumen von knapp 6 Millionen Euro ohne Vergabeverfahren handelte, führte zu weiteren Nachfragen in der letzten Innenausschusssitzung am 7. Juni 2018, die dort nicht beantwortet werden konnten.“

Greilich weiter:

„Es gibt also insgesamt zu dem gesamten Vergabekomplex lediglich unvollständige, widersprüchliche oder falsche Auskünfte des Innenministers. Wenn er antwortet, stellen sich seine Angaben nicht als belastbar heraus, sondern werfen immer neue Fragen auf. Die Ungereimtheiten zu den Vergabepraktiken im Geschäftsbereich des Innenministers haben ein solches Ausmaß erreicht, dass weitere und umfassende Aufklärung zwingend erforderlich ist.“

FDP-Fraktionschef René Rock:

„Wir Freie Demokraten stehen für einen starken Rechtsstaat. Dazu gehört auch die Einhaltung rechtlicher Regelungen – zumal wenn es um sensible sicherheitsrelevante Vorgänge geht. Wir wollen wissen, ob rechtliche Normen bei der Vergabe von Aufträgen im Innenministerium eingehalten wurden und wenn nicht, wer dafür verantwortlich ist. Ich habe den Eindruck, dass CDU-Innenminister Beuth mit seinem Ministerium überfordert ist. Wir haben das an verschiedenen gescheiterten Gesetzesvorhaben gesehen, wie dem Landtagswahlgesetz, dem Verfassungsschutzgesetz und dem Datenschutzgesetz. Wir sehen es an der zweifelhaften Einstellungspraxis bei der Polizei, die kürzlich beim Schlossgrabenfest in Darmstadt wieder deutlich geworden ist. Wir haben in Hessen 4000 abgelehnte und zur Ausreise aufgeforderte Asylbewerber. Gleichzeitig ist die Zahl der durchgeführten Abschiebungen rückläufig. Auch das passt ins Bild. Aufgrund des Gesamtbilds und der aktuell fragwürdigen Vergabepraxis wollen wir letzteren Vorgängen mit einem Untersuchungsausschuss auf den Grund gehen.“