Flüchtlingssituation in Hessen

26.11.2015
  • Hessen-CDU und MP Bouffier müssen parteitaktischen Kuschelkurs mit Kanzlerin Merkel zugunsten pragmatischer Lösungsansätze aufgeben
  • Landesregierung muss Forderung, Bürgerkriegsflüchtlinge aus Asylverfahren herauszunehmen und ihnen subsidiären Schutz zu gewähren, unterstützen
  • Bundesregierung begeht fatalen Fehler, frühestens im Jahr 2017 ein Einwanderungsgesetz vorzulegen

WIESBADEN – Anlässlich des Setzpunkts der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag zur aktuellen Flüchtlingssituation erklärte der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Florian RENTSCH: „Seit Monaten beobachten wir mit großer Sorge, dass die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zusehends in ein Zuwanderungschaos führt. So hat Kanzlerin Merkel mit dem einseitigen, rechtswidrigen Aussetzen der Dublin-Regeln und des Aufenthaltsrechts, ohne zugleich einen sinnvollen neuen Regelungsrahmen vorzuschlagen – etwa ein europäisches Verteilungssystem mit verpflichtenden Übernahmequoten für alle Mitgliedsstaaten nach Größe, Einwohnerzahl und Leistungsfähigkeit -, den Eindruck erweckt, dass die Aufnahmekapazitäten Deutschlands unbegrenzt seien. Die Realität ist jedoch eine andere, wie wir aktuell auch vielerorts in Hessen erleben:  Denn Kreise, Städte und Gemeinden, aber auch die ehrenamtlich Tätigen stoßen immer deutlicher an ihre Belastungsgrenzen. Es ist daher ein sehr realistisches Szenario, dass spätestens durch einen umfassenden Familiennachzug die Aufnahmekapazitäten unseres Landes endgültig überschritten würden. Wir unterstützen vor diesem Hintergrund den Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere, Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Asylverfahren herauszunehmen und ihnen stattdessen subsidiären Schutz zu gewähren. Denn auf diese Weise wird die korrekte Unterscheidung zwischen Asylberechtigten, Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention, die jeweils individuell politisch Verfolgte sind, auf der einen Seite und Bürgerkriegsflüchtlingen, die ohne konkret-individuelle Verfolgung vor einer Todesgefahr fliehen, auf der anderen Seite wiederhergestellt. Wir appellieren daher an die hessische CDU und insbesondere an Ministerpräsidenten Bouffier, sich in der Flüchtlingspolitik nicht mehr hinter Kanzlerin Merkel zu verstecken und endlich auch wieder für hessische Interessen zu streiten. Denn nur auf Grund der von der Skifahrerin Merkel ausgelöste „Lawine“, wie es Finanzminister Schäuble nannte und dem von CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn diagnostizierten „Staatsversagen“ gibt es jetzt eine hilflose Diskussion über Obergrenzen.“

Weiter erklärte RENTSCH:

„Für uns steht fest, dass das Asylverfahren für Kriegsflüchtlinge grundsätzlich der falsche Weg ist und auch die Gewährung subsidiären Schutzes mit der hier obligatorischen Einzelfallprüfung zu einem erheblichen Prüfaufwand führt. Daher halten wir es für geboten, dass das europäische Instrument des vorübergehenden humanitären Schutzes, auch auf nationaler Ebene eingeführt wird. Denn auf diese Weise kann im Wege einer allgemeinen Feststellung ohne Einzelfallprüfung Kriegsflüchtlingen eine zeitlich begrenzte Duldung erteilt werden. Zugleich werden Ausweisungen und spätere Rückführungen erleichtert, der Familiennachzug begrenzt und Behörden von den Asylverfahren entlastet. Gleichzeitig bleibt das Recht auf einen individuellen Asylantrag bestehen, er ruht lediglich für die Zeit des vorübergehenden humanitären Schutzes. Da die Landesregierung bisher nur auf die sich verschärfende Flüchtlingssituation reagiert hat, statt weiterführende Konzepte zu verfolgen, fordern wir sie auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundesrat einzubringen.

Fakt ist zudem, dass ein erheblicher Teil derer, die bereits in unser Land gekommen sind, nicht Flüchtlinge, sondern Menschen mit Zuwanderungsabsicht sind, die eine Chance suchen, Armut und beruflicher Perspektivlosigkeit zu entkommen. Auf der anderen Seite ist seit dem Abschlussbericht der sogenannten Süssmuth-Kommission im Jahr 2001 bekannt, dass Deutschland als alternde Gesellschaft in vielen Berufen qualifizierte Zuwanderer benötigt. So geht die Bertelsmann-Stiftung von einem Bedarf von bis zu 350.000 qualifizierten Zuwanderern pro Jahr bis 2025 aus. Vor diesem Hintergrund ist es sachlich schlicht falsch, die Forderung nach einem Zuwanderungsgesetz als „Fetisch“ der FDP abzutun, wie dies der Ministerpräsident kürzlich in einem Interview tat. Wir werden allerdings in diesem entscheidenden Punkt hartnäckig bleiben, da wir es für einen fatalen Fehler halten, dass die Bundesregierung plant, erst im Jahr 2017 ein Einwanderungsgesetz vorzulegen. Die hessische Landesregierung muss endlich aufwachen und erkennen, dass die Versäumnisse von heute Fehlentwicklungen verursachen, die nur schwer wieder auszugleichen sein werden.“