Hessen zum Open-Data-Vorreiter machen
Daten werden oft als das „Öl“ oder „Gold“ der Zukunft bezeichnet. Wie Öl und Gold sind Informationen, Daten und Datenanalysen ungemein wertvolle Ressourcen. Und wie ihr fossiles Gegenstück müssen Daten gefördert werden, um zum Treibstoff der digitalen Wissensgesellschaft zu werden. Die Verfügbarkeit und Nutzbarmachung von Daten ist daher eine entscheidende Aufgabe für innovationsorientierte Wirtschaftspolitik, die Digitalisierung als Chance versteht.
Bei seinem letzten Besuch in Wien hat Oliver Stirböck die gesamte Stadt einzig und allein mit seinem Smartphone erkundet. Egal ob er nach ÖPNV-Haltestellen und -Fahrplänen, öffentlichen Toiletten oder WLAN-Hotspots gesucht hat – eine interaktive Stadtführer-App hat ihn direkt und zielgenau an den gewünschten Ort navigiert. Ein ähnliches Angebot gibt es für Wanderer, die in Nordrhein-Westfalen unterwegs sind. Hier hat ein Start-up eine App entwickelt, die individuelle Routen plant und dabei historische Hintergründe über die Umgebung liefert. Leider gibt es diese Angebote jedoch nicht überall. Grund ist der oft fehlende Zugang zu den entsprechenden Daten. Das Land Nordrhein-Westfalen stellt ebenso wie die österreichische Hauptstadt seine Daten offen zur Verfügung. Davon profitieren vor allem Bürgerinnen und Bürger.
Verwaltungsdaten offen bereitstellen
Die Behörden des Landes Hessen bieten keinen einheitlichen, freien Zugang zu ihren Datenressourcen. Hier fehlt es an einer gesetzlichen Regelung zu offenen Daten – meist Open Data genannt. Offene Daten liefern Impulse für wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen. Sie eröffnen neue Möglichkeiten der digitalen Teilhabe und Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Und sie bieten insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups große Potenziale für innovative Geschäftsmodelle. Nach seiner Rückkehr aus Wien hat sich Stirböck das Ziel gesetzt, die Daten des Landes Hessen aus den Schreibtischen und von den Festplatten der Verwaltung zu holen und öffentlich zugänglich zu machen. „Dafür benötigen die Behörden klare rechtliche Vorgaben, die festlegen, welche Daten in welcher Form veröffentlicht werden müssen“, stellte der digitalpolitische Sprecher der Freien Demokraten im Hessischen Landtag schnell fest.
Nun hat Stirböck gemeinsam mit seiner Fraktion einen Gesetzentwurf in den Hessischen Landtag eingebracht, mit dem das Hessische E-Government-Gesetz novelliert und die rechtliche Grundlage für die Bereitstellung von Open Data in Hessen geschaffen werden soll. Mit der Novelle werden hessische Behörden verpflichtet, unbearbeitete, maschinenlesbare Daten, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben erhoben haben, als offene Daten gebührenfrei bereitzustellen. „Alle geeigneten Daten der Landesverwaltung – mit Ausnahme von personenbezogenen Daten und Daten, die anderen Schutzrechten unterliegen – sollen gebührenfrei und in maschinenlesbarer Form in einem nutzerfreundlichen Open-DataPortal veröffentlicht werden“, erklärt der Digitalpolitiker. Ein solches Portal existiert bereits für NRW, wo ein stetig wachsender Datenbestand an offenen Verwaltungsdaten zur Verfügung steht. „Die Bereitstellung von Daten ist mit einem initialen Mehraufwand verbunden, beschleunigt aber Modernisierung und Innovation innerhalb der Verwaltung“, führt Stirböck als weiteren Vorteil an. Im OpenNRW-Portal können teilweise auch kommunale Daten abgerufen werden. Stirböck wünscht sich, dass auch die hessischen Kommunen vom Land unterstützt werden, die Chancen von Open Data zu nutzen und geeignete Daten verstärkt bereitzustellen. Daten zum Verkehrsaufkommen und zur Luftqualität könnten zum Beispiel den innerstädtischen Verkehr noch „smarter“ machen. Umweltdaten könnten unter anderem Aufschluss über die Qualität von Leitungswasser in einzelnen Stadtteilen geben. Mit offen bereitgestellten Geodaten könnten Landwirte ihre Felder zentimetergenau düngen. Die Möglichkeiten von Open Data sind unendlich – Voraussetzung ist, dass die Daten verlässlich zur Verfügung stehen. „Kein Start-up wird eine nützliche App programmieren, wenn es nicht weiß, ob die nötigen Daten morgen noch zur Verfügung stehen“, begründet der Innovationspolitiker. Die von ihm im Gesetz verankerte Pflicht zur Veröffentlichung der Landesdaten sei deshalb unabdingbar. Mit Spannung blickt er nun in den Herbst. Dann wird sein Gesetzesvorschlag im Hessischen Landtag beraten werden. Findet er eine Mehrheit, könnte Stirböck mit seinem Smartphone bald auch in Wiesbaden auf Erkundungstour gehen.