Verfassungsschutzbericht 2016
- Extremistisches Personenpotential wird nicht größer, dafür immer gewaltbereiter und besser organisiert
- Deradikalisierungsprogramm gegen Linksextremismus fehlt nach wie vor
- Längst überfälliges neues Verfassungsschutzgesetz muss aus parteipolitischen Spielchen herausgehalten werden
Anlässlich der heutigen Vorstellung des Hessischen Verfassungsschutzberichts erklärte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Wolfgang GREILICH: „Es ist erfreulich, dass nach Einschätzung des Verfassungsschutzes die Zahl der Extremisten gleich welcher Coleur trotz der starken Polarisierung in der gesellschaftlichen Debatte in Zeiten von Islamismus und Flüchtlingskrise zumindest nicht wesentlich weiter angestiegen ist. Das bedeutet jedoch in keiner Weise, dass die Anstrengungen, gegen radikale Kräfte im unserem Land vorzugehen, nachlassen dürfen. Denn der Bericht zeigt auch deutlich: Diejenigen, die bereits radikalisiert sind, werden nicht nur in immer größerer Zahl gewaltbereit, sondern setzen dies auch in die Tat um. Das haben uns vor allem die islamistischen Anschläge in Deutschland im vergangenen Jahr und die Zunahme der rechtsextremen Straftaten schmerzlich vor Augen geführt. Zudem zeigt sich, dass die Gruppierungen in der rechten wie auch der linken Szene immer besser organisiert und damit zu konzertierten Aktionen in der Lage sind. Dies zeigt die Teilnahme an den G20-Krawallen sowie an sonstigen öffentlichkeitswirksamen Auftritten, etwa der identitären Bewegung.
Während es seit Jahrzehnten zu Recht maßgeschneiderte Programme gegen Rechtsextremismus gibt und in den letzten Jahren nach langem Drängen auch die islamistische Szene intensiver in den Fokus der Landesregierung gerückt ist, wird die Gefahr durch den Linksextremismus weiter unterschätzt. Obwohl das Personenpotential größer ist als beim Rechtsextremismus oder Islamismus, gibt es noch immer keine passgenauen Präventions- und Deradikalisierungsprogramme. Dies war auch klare Erkenntnis aus der großen Anhörung zum Linksextremismus im letzten Jahr im Landtag. Getan hat sich von Seiten der Landesregierung seitdem leider gar nichts.
Nachdem ein unabhängiger Expertenkreis vor drei Jahren den ersten Entwurf der Landesregierung in der Luft zerrissen hat, weil er völlig ungeeignet war, den Verfassungsschutz modern aufzustellen und zudem verfassungsrechtlich zumindest bedenklich gewesen ist, hat der Innenminister heute angekündigt, dass nach dieser jahrelangen Wartezeit nun endlich im Oktober das neue Verfassungsschutzgesetz für Hessen präsentiert werden soll. Wir hatten nach der ersten Bruchlandung mehrfach angeboten, einen fraktionsübergreifenden neuen Entwurf zu erarbeiten, um ein erneutes Scheitern zu verhindern. Wir sind nun gespannt, wie der neue Anlauf inhaltlich ausgestaltet ist und ob die schwarz-grüne Koalition zu ihrem Wort steht, dass die Opposition wenigstens jetzt eingebunden wird. Es ist unerlässlich, dass der Verfassungsschutz ein vernünftiges Regelwerk für seine Arbeit bekommt, durch das er auch ordentlich kontrolliert werden kann. Die Abwehr der Feinde der Freiheit ist zu wichtig für kleines parteipolitisches Karo.