Gutachten Länderfinanzausgleich

29.01.2013

HAHN/GREILICH: Hessens Klage gegen unsolidarischen Länderfinanzausgleich ist richtiger Schritt – Gutachten zeigt Weg für ein gerechteres System

„Wie angekündigt wird die hessische Landesregierung nun gegen das gegenwärtige ungerechte und intransparente System des Länderfinanzausgleichs vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Denn ein vorbildlich wirtschaftendes Land wie Hessen darf nicht länger unverhältnismäßig für die Neuverschuldung anderer Bundesländer bestraft werden. Das heute der Fraktion präsentierte Gutachten macht konkrete und vernünftige Vorschläge für eine stärkere Finanzautonomie der Bundesländer und zeigt somit auch einen Weg für ein gerechteres System auf. Wir als Liberale haben bereits früh erkannt, dass es zum Wohle Hessens einer Reform bedarf und dass ein Aufschieben einer Neuregelung bis 2020 wegen der offensichtlichen Benachteiligung der Geberländer nicht haltbar ist. Aus diesem Grund haben wir in den vergangenen rund zweieinhalb Jahren viele Hebel in Bewegung gesetzt, um gemeinsam mit Experten und Kollegen aus anderen Geberländern über effektive Veränderungen des aktuellen Systems des Länderfinanzausgleichs zu beraten“, erklärten Jörg-Uwe HAHN, Vorsitzender der FDP Hessen, und Wolfgang GREILICH, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Hessischen Landtags.

Die einzelnen Arbeitsschritte und Beratungen der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag umfassten:

September 2010
Aus Sicht der hessischen Liberalen ist bereits zu diesem Zeitpunkt eine Novellierung des Länderfinanzausgleichs unumgänglich. Der Mainzer Finanzverfassungsrechtler Hanno Kube präsentiert im Hessischen Landtag ein Rechtsgutachten über den verfassungsrechtlichen Rahmen, die aktuelle Ausgestaltung sowie die Entwicklungsperspektiven des Länderfinanzausgleichs. Das Gutachten, das von den FDP-Fraktionen aus Hessen, Bayern und Baden-Württemberg in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Schluss, dass das bestehende System verfassungswidrig ist.

Dezember 2010
Die Fraktionen von FDP, CDU und CSU in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Hessen bekennen sich in einem gemeinsamen Positionspapier zum Prinzip der Solidarität unter den Bundesländern. Solidarität dürfe jedoch keine Einbahnstraße sein, sondern bedarf eines fairen Ausgleichs zwischen denen, die aus Solidarität geben und denen, die auf solidarische Hilfe angewiesen sind. Die Fraktionen streben daher die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs hin zu mehr Anreizgerechtigkeit und Funktionalität an.

Juli 2011
Die Fraktionsvorsitzenden der FDP aus Bayern, Hessen und Baden-Württemberg, Thomas Hacker, Florian Rentsch und Dr. Hans-Ulrich Rülke, fordern in einer gemeinsamen Erklärung, die Novellierung des Länderfinanzausgleichs nun endlich anzugehen. Sie stellen fest, dass im derzeitigen System es weder für die Geber-, noch für die Nehmerländer attraktiv sei, sich um eine Steigerung der Finanzkraft zu bemühen.

März 2012
Am Frankfurter Flughafen findet eine liberale Geberländerkonferenz statt, auf der die FDP-Fraktionsvorsitzenden verkünden, dass man den Volkswirtschaftler Prof. Dr. Lars Feld und den Finanzverfassungsrechtler Prof. Dr. Hanno Kube gebeten habe, ein gemeinsames Gutachten für eine vollständige Neuordnung des Länderfinanzausgleichs zu erarbeiten. Die Fraktionen betonen, dass sie damit den Nehmerländern nicht die föderale Solidarität aufkündigen, sondern ein Angebot unterbreiten wollen, den föderalen Finanzausgleich auf dem Verhandlungsweg zu novellieren.

Juni 2012
Die drei FDP-Fraktionen der Geberländer bekennen sich in Stuttgart zu einem solidarischen, aber leistungsgerechten Länderfinanzausgleich. Die Professoren Feld und Kube stellen die Eckpunkte des gemeinsamen Gutachtens für eine Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs vor. Dieses sieht vor, dass Anstrengungen der einzelnen Länder zur Steigerung ihrer Wirtschaftskraft stärker honoriert werden.

November 2012
Im Münchner Maximilianeum stellen die drei Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg Thomas Hacker, Wolfgang Greilich und Dr. Hans-Ulrich Rülke ein neues Modell zur Reform des Länderfinanzausgleichs vor. Das Modell, das konkrete Vorschläge für eine stärkere Finanzautonomie der Bundesländer und verfassungsgemäßen Länderfinanzausgleich macht, basiert auf dem Gutachten „Optionen für eine Reform des bundesdeutschen Finanzausgleichs“ der Professoren Feld und Kube.

Der Mainzer Finanzverfassungsrechtler Hanno Kube, der gemeinsam mit dem Freiburger Volkswissenschaftler das Gutachten „Optionen für eine Reform des bundesdeutschen Finanzausgleich“ erstellt hat, präsentierte heute die finalisierten Berechnungen und Ergebnisse nun der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag. Das Modell sieht eine wirtschaftskraftorientierte Verteilung von Steueranteilen im primären horizontalen Finanzausgleich vor. Ein weiterer zentraler Aspekt stellt die Abkehr von der starken Orientierung des bisherigen Systems an fiktiven Finanzbedarfen dar, wie sie durch das Ziel einer möglichst ähnlichen Finanzausstattung pro Kopf in allen Bundesländern bewirkt wird. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass Niveau und Zusammensetzung öffentlicher Ausgaben in allen Ländern identisch sind. Um dieser ineffizienten Nivellierung entgegenzuwirken, braucht es eine echte Ländersteuer mit nennenswertem Steuerertrag oder ein Hebesatzrecht bei Einkommen- und Körperschaftsteuersätze.

Das Modell setzt zudem auf eine Reform der Verteilung der Gemeinschaftsteuern. Die derzeitige Zerlegung der Lohnsteuer nach dem Wohnsitzprinzip gibt zwar einen Anreiz zur Einwohnermaximierung für die Länder, nicht aber zur Maximierung ihrer Wirtschaftskraft. So muss beispielsweise Hessen für alle Pendler, die täglich aus Rheinland-Pfalz kommen, die Infrastruktur bereit stellen, aber Rheinland-Pfalz bekommt nach dem jetzigen System das Geld. Daher schlägt das vorliegende Modell vor, dass das Betriebsstättenprinzip mindestens zur Hälfte bei der Lohnsteuerzerlegung Anwendung findet. Im Ergebnis führt das Modell, das auf aktualisierten Zahlen von 2012 beruht, auf Grundlage der vorgeschlagenen Änderungen schließlich zu der von der FDP-Fraktion geforderten stärkeren Steuerautonomie der einzelnen Bundesländer und stärkt den Wettbewerb zwischen den Bundesländern.