Flache Hierarchien, hohe Ansprüche
Die Arbeit der Zukunft in der Fraktion 4.0
Der ländliche Raum liegt nicht nur abseits der Großstädte. Er liegt auch mitten in Wiesbaden, genauer gesagt im zweiten Stock in der Marktstraße 10. Dort hat die Landtagsfraktion der Freien Demokraten seit einigen Monaten ihre Basis – und diese setzt sich mitnichten aus klassischen Büros zusammen. Die Räume tragen Namen und sind dem Motto entsprechend gestaltet, dazu steht ein Spruch an der Wand. „Der ländliche Raum ist Heimat der Zukunft“, heißt es im gleichnamigen Zimmer, dem präparierte Tiere und ein Geweih eine Note geben. „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren“, lautet hingegen die Philosophie an der Wand des „FreiRaums“.
„Außenstelle Zukunft“ nennt Fraktionschef René Rock die Räume, in denen sein Team arbeitet, diskutiert und Ideen entwickelt. Dass nach der jüngsten Landtagswahl im Landtagsgebäude räumlich nicht genug Platz für alle Fraktionen ist, hat den Frontmann der Liberalen nicht weiter gestört. Er sah vielmehr eine Chance. In der Marktstraße 10 können die Freien Demokraten nämlich ihr Konzept einer Fraktion 4.0 verwirklichen.
„Wir wollen die Dinge in Hessen anders, besser machen. Deshalb haben wir bei uns angefangen“, sagt Rock. Die Art zu arbeiten wurde von Grund auf hinterfragt. Und das mit dem Ziel vorzuleben, welche Chancen das digitale Zeitalter bietet und diese auch für die Politik zu nutzen. Schließlich ist die Digitalisierung FDP-Kernthema.
Für die Fraktionsarbeit heißt das: Jeder kann entscheiden, was er wann wo macht, Kommunikation ist auf verschiedenen Kanälen möglich, sei es per Mail, Videokonferenz oder von Angesicht zu Angesicht. Letzteres geschieht häufig in dem, was für die Freien Demokraten die „Herzkammer“ der Fraktion 4.0 ist: dem „Innovation Lab“. Dieser Ort für die neuen Ideen ist das, was sich Neudeutsch Co-Working-Space nennt. Ob Abgeordnete, Referenten oder Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit: Jeder sucht sich täglich aufs Neue den Platz, an dem er gern arbeiten möchte. Auch die Fraktionssitzung findet im Innovation Lab statt – im lockeren Kreis auf Hockern und Sesseln statt am Konferenztisch. Für Besprechungen und Telefonate sowie als Rückzugsmöglichkeit gibt es die schon beschriebenen, individuell gestalteten Räume.
„Strukturen aufbrechen, um Neues zu schaffen“ – das war und ist der Ansporn. Ziel ist freilich nicht nur, dass sich die Mitarbeiter wohl fühlen, wenngleich auch das wichtig ist. „Unsere Mitarbeiter sind keine Human Resources, unsere Mitarbeiter haben Namen“, betont Rock. Das moderne Arbeitsumfeld soll letztlich Freiraum für Innovationen und Kreativität schaffen und zu den besten Arbeitsergebnissen führen.
Denn klar ist: Am Ende kommt es auf das an, was die Frauen und Männer im Dienst der FDP-Fraktion leisten. Die Hierarchien werden zwar bewusst flach gehalten, aber der Anspruch eines jeden Einzelnen an sich selbst ist hoch. Die Arbeitsweisen wurden nicht nur in puncto Unabhängigkeit von Zeit und Ort geändert: Die Arbeit soll auch weniger am parlamentarischen Geschehen als am Bürger orientiert sein. Die Sprecherfunktion wurde von den Ausschüssen gelöst, schließlich ist es für die Bürgerinnen und Bürger zweitrangig, in welchem Ausschuss ein Thema besprochen wird. Wichtig ist, dass es auf der Agenda steht – und dass es einen Freien Demokraten gibt, der sich darum kümmert. Zudem hat jeder Abgeordnete in seinem Wahlkreis einen Vollzeit-Mitarbeiter.
„Wir wollen eine Ideenschmiede für die Zukunft sein, um Hessen neue Chancen zu ermöglichen“, sagt Fraktionschef Rock. Weil er überzeugt ist vom Konzept der Fraktion 4.0, teilt er diese Idee gern mit anderen. Die Mitglieder anderer Fraktionen sind in der Marktstraße ebenso willkommen wie Vertreter von Verbänden und Institutionen. Sie alle können sich dort ein Bild von einer Arbeitsweise machen, die morgen und übermorgen im Blick hat. Dem, was kommt, sehen die Liberalen grundsätzlich optimistisch entgegen. „Wir freuen uns auf die Zukunft“, betont Rock.