Mehr Schein als Sein

16.12.2016

Die Debatten in der letzten Plenarwoche in 2016 hatten es in sich – denn nicht nur beim Landeshaushalt 2017, der in dieser Woche verabschiedet wurde, gibt die Landesregierung vor, mehr zu tun, als es tatsächlich der Fall ist. So will Verkehrsminister Al-Wazir angeblich den Bau des Riederwald-Tunnels voranbringen, blockiert in Wirklichkeit aber, dass der Frankfurter Osten endlich staufrei wird; Wohnungsbauministerin Hinz verhindert mit der Mietpreisbremse wichtige Investitionen, um die Situation auf dem Wohnungsmarkt tatsächlich zu entspannen und Innenminister Beuth sieht sich durch das Verbot salafistischer Organisationen in der Bekämpfung der islamistischen Radikalisierung gut aufgestellt. Doch das alles reicht aus unserer Sicht nicht. Deshalb haben wir die Landesregierung mit zahlreichen Forderungen unsererseits in die Weihnachtspause geschickt. Wir hoffen, sie werden die Zeit nutzen.

Bau des Riederwald-Tunnels endlich voranbringen

Im November des vergangenen Jahres hatte Verkehrsminister Al-Wazir den seit mehr als einem Vierteljahrhundert geplanten Bau des Riederwald-Tunnels im Frankfurter Osten als Lückenschluss von A661 und A66 gestoppt und umfangreiche Planänderungen angekündigt – darunter auch, dass die Bauarbeiten nicht in diesem Jahr sondern erst 2018 beginnen können. Im Dezember dieses Jahres ist dann auch noch der Ausbau der A661 aus dem „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans geflogen, obwohl die Maßnahme vom Bund als sehr dringlich in der höchsten Prioritätsstufe eingeplant war. Auch hierfür muss sich der Verkehrsminister verantworten. Damit ist mehr als klar, dass der geplante Bau des Riederwald-Tunnels derzeit massiv gefährdet ist. Für die gesamte Region und ihre Bewohner ist das ein Schlag ins Gesicht.

Wir haben die Landesregierung in dieser Plenarwoche deshalb zum wiederholten Male aufgefordert, hier endlich tätig zu werden. „Die A661 zwischen Bad Homburg und Offenbach als zentrale Ostumfahrung des Großraums Frankfurt ist schon heute heillos überlastet. Zehntausende Pendler stehen morgens und abends im Dauerstau. Wenn der Zustand so bleibt, wird sie die zusätzlichen Verkehre, die auf der sechsstreifigen A66 aus Richtung Maintal, Hanau und Fulda kommen, niemals aufnehmen können“, kritisierte Lenders. Er warf dem Verkehrsminister vor, durch sein „Über-Bande-Spielen“ den Bau des Tunnels zu blockieren: „Nur wenn der Ausbau der A661 vorangeht, kann auch der Tunnel kommen. Dieser Zusammenhang ist offensichtlich. Es mag sein, dass der Tunnel baurechtlich möglich wäre, verkehrstechnisch wird er jedoch durch die Aktionen gegen die A661 verhindert.“ Schließlich nahm Lenders auch Volker Bouffier und die CDU in die Verantwortung. „Ich frage mich, warum sich der Ministerpräsident weg duckt, wenn eines der wichtigsten Straßenprojekte im Rhein-Main-Gebiet verhindert wird. Und warum haben sich die Frankfurter Bundestagsabgeordneten im Verkehrsausschuss des Bundestages nicht gegen die Rückstufung der A661 gewehrt, obwohl das bei anderen Projekten erfolgreich war?“, fragte er. Für die Entwicklung Frankfurts und der ganzen Rhein-Main-Region wird diese Landesregierung zu einer massiven Belastung.

 

Mietpreisbremse ist wirkungsloses Placebo

Seit November 2015 gilt in Hessen die Mietpreisbremse. Danach darf in 16 hessischen Städten und Gemeinden die Miete bei einer Neuvermietung nur noch maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Von Anfang an waren wir gegen ihre Einführung, weil sie unter anderem eine Investitionsbremse für den Wohnungsbau ist.

Es ist wenig überraschend, dass die Eigentümerverbände das Instrument seit jeher scharf kritisiert haben. Ähnlich hatten sich in der vergangenen Woche jedoch auch die Mieterverbände geäußert. Übereinstimmend hatten die Verbände erklärt, dass die Mietpreisbremse wirkungslos oder gar schädlich sei. Insbesondere die Feststellung des Mieterbundes, dass sich noch kein einziger Mieter über die Mietpreisbremse informiert habe, hat uns aufhorchen lassen, weshalb wir das Thema auf die Tagesordnung dieser Plenarwoche gesetzt haben. „Obwohl die Mietpreisbremse in 16 hessischen Städte und Gemeinden gilt, existieren nur für Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt Mietspiegel. In Kassel etwa gibt es keinen. Wie will man da eine Grenze einhalten, wenn man keine Ahnung hat, wo diese liegt?“, warf Lenders in der Debatte ein. „Steigende Mieten werden durch ein zu geringes Angebot bei gleichzeitig hoher Nachfrage verursacht. Wenn Investoren durch die Mietpreisbremse gegängelt werden, bauen sie nicht. Das Angebot sinkt weiter – die Mieten steigen noch weiter. Die Mietpreisbremse verschärft das Problem zusätzlich“, begründete Lenders unsere Forderung nach der Abschaffung der Mietpreisbremse. Leider hat die Landesregierung die Problematik noch immer nicht erkannt und will weiter an der Mietpreisbremse festhalten. Dabei versucht sie damit nur Symptome zu bekämpfen, deren Ursachen sie selbst geschaffen hat. Durch ständig neue Bauvorschriften werden die Kosten und somit auch die Mieten in die Höhe getrieben, die man mit der Mietpreisbremse deckeln will. Das kann nicht funktionieren und führt allein dazu, dass Investitionen nicht erfolgen, obwohl die Nachfrage riesig ist.

 

Hessen muss Radikalisierung mit religiöser Bildung bekämpfen

Es ist nur wenige Wochen her, dass die Sicherheitsbehörden der Länder genug Informationen hatten, um den längst überfälligen harten Schlag gegen die Salafistenszene führen zu können und das Bundesinnenministerium ein Verbot der salafistischen Organisation „Die wahre Religion“ sowie der Koranverteilungsaktion „Lies!“ aussprechen konnte. In der von der CDU-Fraktion initiierten Debatte zu diesem Thema befürwortete Wolfgang Greilich das Verbot grundsätzlich, weil es das Werben der Salafisten um junge Menschen für den vermeintlichen „Heiligen Krieg“ erschweren wird, mahnte die Landesregierung gleichzeitig aber davor, sich auf dem kürzlich verhängten Verbot auszuruhen: „Alleine das Verbot wird nicht dafür sorgen, dass die salafistischen Rattenfänger ihre Aktivitäten beenden. Es gilt nun, auch die Ausweichaktionen, wie die Verteilung der Mohammed-Biografien durch teilweise die gleichen Personen, intensiv zu prüfen und insbesondere den islamistischen Betätigungen in so genannten Hinterhofmoscheen entschieden mit allen rechtsstaatlichen Mitteln entgegenzutreten. An der effektiven Verteidigung unseres Verfassungsstaates werden wir die Landesregierung und vor allem den Innenminister weiterhin messen.“

Bedauerlicherweise ist Hessen und insbesondere das Rhein-Main-Gebiet ein absoluter Schwerpunkt der Islamisten in Deutschland, deshalb müsse Hessen auch eine Spitzenreiterrolle in der Bekämpfung der islamistischen Radikalisierung übernehmen, forderte Greilich: „Bei aller Zustimmung zum Ausbau der Präventionsarbeit, die wir in den vergangenen Jahren von dieser Koalition immer wieder eingefordert haben, kommt ein entscheidender Aspekt nach wie vor zu kurz: Es gibt unter den radikalisierten meist Jugendlichen ein großes Defizit an religiöser Bildung, das erst dazu führt, dass Islamisten überhaupt und  vermeintlich im Namen einer Religion Anhänger finden können. Aus diesem Grund ist der staatlich organisierte islamische Religionsunterricht in Hessen eines der wichtigsten Mittel zur Prävention vor islamistischer Indoktrinierung. Wir werden daher ganz besonders darauf achten, dass die Landesregierung an einem rechtsstaatlich einwandfreien deutschsprachigen islamischen Religionsunterricht unter hessischer Schulaufsicht festhält.“

 

Hessens kulturelles Erbe geht auf mehr als 70 Jahre zurück

Kunst und Kultur sind für die Bürgerinnen und Bürger eines jedes Landes von zentraler Bedeutung und tragen maßgeblich zur Identitätsbildung, zur Lebenserfüllung und Selbstfindung des Einzelnen sowie zur Selbstreflexion einer Gesellschaft bei. Deshalb kann der Beitrag, den Kunst- und Kulturschaffende für Hessen in den vergangenen 70 Jahren geleistet haben, nicht hoch genug gelobt Der Kulturbereich soll im kommenden Jahr mit 230 Millionen Euro gefördert werden. Doch leider richtet Rhein sein Augenmerk dabei allein auf die „üblichen Verdächtigen“, die ihren Platz in der hessischen Kulturlandschaft zu Recht haben und hervorragende Arbeit leisten. „Hessens kulturelles Erbe geht jedoch auf mehr als 70 Jahre zurück“, verdeutlichte Nicola Beer in der anschließenden Debatte. „Hessens Kulturlandschaft lebt gerade auch von den vielen kleinen, regionalen und nicht in der öffentlichen Wahrnehmung und Berichterstattung präsenten Angeboten und vom privaten Engagement. Diese leisten wichtige Beiträge zur Integrations- und Präventionsarbeit, zur Inklusion, aber auch zur Resozialisierung. Sie sind Blitzlichter, die unser Land bereichern und zeigen, dass und wie Kultur Identität, Verbundenheit und Vielfalt stiften kann“, so Beer.

Wir sind davon überzeugt, dass privates und ehrenamtliches Engagement eine wichtige Ergänzung zur staatlichen Förderung im Kulturbereich darstellt und ein vielfältiges Angebot  nicht nur im Ballungsraum, sondern auch im ländlichen Raum bereitstellt. Auf diesem Weg wird nicht nur Kultur für alle, sondern die gerade für uns so wichtige „Kultur von und mit allen“ möglich gemacht. Deshalb ist aus unserer Sicht notwendig, für dieses Engagement die öffentliche Anerkennung auszubauen, bürokratische Hindernisse abzubauen und Förder- sowie Unterstützungsmöglichkeiten zu vereinfachen. Wie schon Bundespräsident Theodor Heuss feststellte „…leitet sich die äußere Freiheit der vielen aus der inneren Freiheit der einzelnen ab“. Kunst und Kultur sind hierfür Nährboden und Triebfeder zugleich und damit essentiell für jede Gesellschaft.