Der Krise entgehen

02.10.2020

Auch mehr als ein halbes Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie in Hessen ist das Virus allgegenwärtig, insbesondere für die Unternehmerinnen und Unternehmer sind die Folgen des Lockdowns und noch geltende Corona-Beschränkungen schmerzhaft spürbar. Insofern war es längst überfällig, dass der Wirtschaftsminister seine Ideen zur Sicherung der Zukunft der hessischen Wirtschaft präsentiert. Je länger das Virus für die Gesellschaft und auch für die Mitglieder des Landtags zum Alltag gehört, desto eher rücken aber auch wieder andere Themen in den Fokus des Interesses: So diskutierte der Hessische Landtag auf Antrag der Freien Demokraten in dieser Woche über eine Reform des Wahlrechts, über die derzeitigen Proteste um den Weiterbau der A49, über die Lehren hinsichtlich Lebensmittelkontrollen ein Jahr nach dem Wilke-Skandal und die Chancen, die Open Data für Hessen bietet.

Wirtschaftsminister gefährdet Wohlstand in Hessen

Erstmals seit Beginn der Coronakrise gab Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir in dieser Woche eine Regierungserklärung ab. Vom neuen Hessenplan für Hessens Wirtschaft, den er im Rahmen der Regierungserklärung präsentierte, zeigte sich die Opposition schwer enttäuscht. Der Hessenplan sei eine lose Ideensammlung ohne Neuigkeiten, kritisierte René Rock. Vielmehr noch störte sich der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten aber daran, dass der Wirtschaftsminister weder auf die Industrie noch auf den Frankfurter Flughafen als Hessens größten Arbeitgeber eingegangen war: „Über 370.000 Beschäftigte in 1.400 Betrieben mit insgesamt 115 Milliarden Euro Umsatz – dafür steht die Industrie in Hessen, und genau diese enorme Wirtschaftsleistung und der durch sie ermöglichte Wohlstand sind durch die Auswirkungen von Corona bis ins Mark gefährdet. Und der Wirtschaftsminister erwähnt die hessische Industrie mit keinem Wort. Was ist mit dem größten deutschen Luftverkehrsstandort, der Fraport? Mit der größten deutschen Fluglinie, der Lufthansa? Wie geht es weiter mit der schwer getroffenen Automobilindustrie wie Opel und Continental? Was ist mit dem Industriepark Höchst und seinen vielen Unternehmen der Chemie- und Pharmaindustrie? Tausende von Arbeitsplätzen stehen jetzt auf dem Spiel, doch dazu hören wir von Tarek Al-Wazir nichts.“

In der Wirtschaftskrise infolge der Corona-Pandemie zeigt sich für Rock der wahre Kern grüner Politik. „Die Grünen haben bis heute nicht begriffen, was das hessische Unternehmertum, was die hessische Wirtschaft antreibt“, warf er dem Minister und der Fraktion der Grünen im Landtag vor. „Sie werben bei Unternehmern und Selbstständigen ernsthaft dafür, vom Staat zu leben und Selbstverantwortung und Freiheit aufzugeben. Sie verstehen nicht, dass es in der DNA des Unternehmers liegt, selbst aktiv zu werden statt die Hand aufzuhalten. Sie haben kein Gespür dafür, wer unser Land antreibt, für Innovationen, Arbeitsplätze, Ausbildung und Steuern sorgt.“

Hessens Wirtschaft brauche eine klare marktwirtschaftliche Ordnung, wenn aus der Krise eine neue Zukunft für Hessen wachsen solle, betonte Rock. Im Namen seiner Fraktion forderte er eine wirtschaftspolitische Wende. „Wir brauchen Impulse für private Investitionen, statt staatliche Schuldenberge, wir brauchen Rahmenbedingungen, die unternehmerische Freiheiten stärken, statt Verstaatlichung ganzer Branchen. Wir brauchen Entlastung statt steigende Steuern und Abgaben“, betonte Rock. Es müsse das Ziel sein, Unternehmen und Selbstständige wieder in die Lage zu versetzen, ihren Job gut zu machen, statt sie mit Berufsverboten zu belegen und an den staatlichen Tropf zu hängen. „Dieser Wirtschaftsminister gefährdet den Wohlstand in unserem Land, er will mehr Staatswirtschaft, mehr Regulierung, weniger Markt und weniger Wettbewerb.“

Schwarz-Grün muss Lückenschluss der A49 vollenden

Während an diesem Donnerstag im Dannenröder Forst die Rodungsarbeiten für den Lückenschluss der Autobahn 49, die eine schnellere Verbindung zwischen Kassel und Gießen schaffen soll, begonnen haben, gaben die seit Wochen laufenden, teilweise gewalttätigen, Proteste gegen den Weiterbau Anlass zur Debatte im Hessischen Landtag. „Seine Meinung zu zeigen ist legitim, sie gegen das demokratische Recht durchsetzen zu wollen, ist es hingegen nicht“, machte Stefan Naas deutlich. Erst in der vorangegangenen Woche hatte der verkehrspolitische Sprecher die Protestcamps besucht und sich im Austausch mit den Protestierenden deren Argumenten gestellt und auch dort die Wichtigkeit des Weiterbaus für die Region verdeutlicht. 

Stefan Naas trifft Fridays for Future im Dannenröder Forst

Heute endet die Räumungsfrist für die Protestcamps im Dannenröder Forst. Ab morgen sollen dort eigentlich die für den Lückenschluss der A49 notwendigen Rodungsarbeiten beginnen. Unser verkehrspolitischer Sprecher Stefan Naas war in der vergangenen Woche vor Ort, um sich mit den Protestierenden, unter anderem mit Fridays for Future Deutschland, auszutauschen und unsere Argumente für den Weiterbau der A49 deutlich zu machen. "Es ist an der Zeit, dass diese Autobahn endlich weitergebaut gebaut", so Naas. Der Weiterbau ist das Ergebnis von jahrzehntelangen demokratischen Entscheidungsprozessen. Es darf hier zu keiner weiteren Verzögerung kommen. Dafür werden wir uns auch morgen im Rahmen der angesetzten Debatte im Landtag stark machen.

Gepostet von FDP-Fraktion Hessen am Montag, 28. September 2020

„Von den Beteiligungsmöglichkeiten eines rechtsstaatlichen Verfahrens wurde umfassend Gebrauch gemacht, ebenso vom Klagerecht dagegen. Am Ende steht das Baurecht. Es ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen demokratischen Prozesses. Es kann im Rechtsstaat keine andere Lösung geben, als die A49 zu bauen“, verdeutlichte Naas. So hätten sich der Bundestag wie kommunale Gremien für das Infrastrukturprojekt entschieden. Das müsse auch der grüne Verkehrsminister Tarek Al-Wazir beherzigen und den Weiterbau vorantreiben.

Vom Lückenschluss der A49 erhoffen sich Befürworter weniger Verkehrslärm in der Region, kürzere Wege für Pendler und eine direktere Anbindung ans Straßennetz für die Unternehmen. „Wer Infrastruktur sät, wird Wohlstand ernten“, verdeutlichte Naas die Position seiner Fraktion. Für die Freien Demokraten, die das Projekt in Regierungsverantwortung vorangetrieben und den Planfeststellungsbeschluss erreicht haben, ist der Lückenschluss der A49 unverzichtbar. 

Hessen soll Geodaten offen bereitstellen

Während andere Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg mit der Öffnung ihrer Geodatenbestände innovative Unternehmen fördern, die Daten als Grundlage ihrer Produkte verwenden, Daten veredeln, oder datenbasierte Dienstleistungen anbieten, sehen die Freien Demokraten Hessen hier im Nachteil. Aus diesem Grund stellte die Fraktion Freien Demokraten in dieser Woche den Antrag, dass alle geeigneten Geodaten, die von der Landesverwaltung erhoben würden, als Open Data offen bereitgesellt werden sollten.

„Geodaten haben ein hohes wirtschaftliches Potenzial. Man muss dieses Potenzial nur fördern“, begründete Oliver Stirböck die Initiative. Bei Geodaten handelt es sich um Daten mit Raumbezug, zum Beispiel Informationen über Landschaften und Liegenschaften, Luftbilder oder topographische Karten. Open Data bedeutet, dass die Daten gebührenfrei, unter einer offenen Lizenz zur kommerziellen und nicht-kommerziellen Weiterverarbeitung jederzeit über das Internet abrufbar sind. „Beschränkte Zugänglichkeit, hohe Kosten oder komplizierte Lizenzbedingungen für Geodaten hingegen sind eine Hürde für innovative Ideen, insbesondere für Start-ups und kleine und mittelständische Unternehmen“, erklärte der digitalpolitische Sprecher. Mit der Bereitstellung als Open Data würden amtliche Geodaten für jedermann recherchierbar und zugänglich gemacht.

Landesregierung riskiert neue Lebensmittelskandale

Ein Jahr ist es her, dass der Wilke-Skandal das Land erschütterte. 37 Krankheitsfälle, darunter drei bestätigte Todesfälle, bringt das Robert-Koch-Institut mit Produkten des nordhessischen Wurstherstellers in Verbindung. Was dann folgte, waren die Schließung des Betriebs und mehrere Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der Firma Wilke sowie ein monatelanges Hin- und Herschieben der Verantwortung: zwischen dem Landkreis und der Verbraucherschutzministerin Hinz und ihrem Ministerium. Die Freien Demokraten im Hessischen Landtag, allen voran ihre verbraucherschutzpolitische Sprecherin Wiebke Knell, hatten die Ministerin dafür immer wieder scharf kritisiert.

Dieser Tage wird deutlich, dass die schwarz-grüne Landesregierung offenbar keine Konsequenzen aus dem Wilke-Wurst-Skandal gezogen hat – davon ist auch die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch überzeugt. Mitte September hatte Hessen im Bundesrat für die von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner vorgelegte Novelle der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift – Rahmen-Überwachung, kurz AVV Rüb, gestimmt. „Gerade Hessens Vertreter hätten angesichts des Wilke-Wurst-Skandals des letzten Jahres doch wissen müssen, welch ein Zeichen sie da setzen. Für solch ein Abstimmungsverhalten kann es keine Ausreden geben“, ärgerte sich Wiebke Knell in der von ihrer Fraktion beantragten Debatte zum Thema. 

Ein von Foodwatch in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigt, dass die Änderung der Verwaltungsvorschrift die Lebensmittelkontrollen schwächt. Hochrisiko-Betriebe müssten nun mit weniger Pflichtkontrollen rechnen. „Für Wilke hätte das bedeutet, dass statt mindestens zwölf nur noch vier Kontrollen im Jahr verpflichtend gewesen wären“, verdeutlichte Knell. Das Argument, dass mehr Druck auf Betriebe ausgeübt werde, weil es zwar weniger planmäßige, aber dafür mehr anlassbezogene Kontrollen gebe, überzeuge sie nicht: „Ein Anlass ergibt sich doch oft erst aus Routinekontrollen!“ Knell merkte an, dass aufgrund des gravierenden Personalmangels ohnehin etwa 30 Prozent der Pflichtkontrollen gar nicht erst durchgeführt würden. Weniger Pflichtkontrollen seien da der falsche Ansatz. „Wenn wir einen neuen Lebensmittelskandal in Hessen erleben, dann ist diese Landesregierung mitverantwortlich“, monierte sie. 

Freie Demokraten legen Vorschlag für Wahlrechtsreform vor

Seit Beginn der 20. Wahlperiode streiten im Hessischen Landtag nicht wie vom Gesetz vorgesehen 110 Abgeordnete, sondern 137. Der XXL-Landtag kommt nicht nur den Steuerzahler teuer zu stehen, sondern beschränkt auch die Arbeitsfähigkeit des Parlaments. Die Freien Demokraten haben deshalb in dieser Woche einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landtagswahlgesetzes eingebracht, mit dem sie die Verkleinerung des Parlaments auf seine gesetzlich festgelegte Größe erreichen wollen. „Mit 110 Abgeordneten erreicht der Landtag wieder eine handlungsfähige Größe“, begründete Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn den Vorschlag der Freien Demokraten. Dieser sieht eine Reduzierung der Wahlkreise von derzeit 55 auf 45 vor.

Ob im Bund oder in den Ländern – durch die wachsende Zahl von Überhang- und Ausgleichsmandaten werden die Parlamente…

Gepostet von FDP-Fraktion Hessen am Dienstag, 25. August 2020

Der Hessische Landtag soll sich künftig aus 45 direkt und 65 über den Listenplatz gewählten Abgeordneten zusammensetzen. Nach Überzeugung der Freien Demokraten würde auf diese Weise sichergestellt, dass jeder Wahlkreis durch einen direkt gewählten Abgeordneten im Hessischen Landtag vertreten ist, aber die Wahrscheinlichkeit von Überhang- und Ausgleichsmandaten erheblich gesenkt werde. „Wir haben alle Möglichkeiten für eine Änderung des Wahlgesetzes mit dem Ziel ausgelotet, eine Abbildung des Wählerwillens bestmöglich zu gewährleisten“, erläuterte Hahn. Dieser Vorschlag sei dafür der beste Weg. Andere Vorschläge, bei denen direkt gewählten Abgeordneten ihr Mandat verweigert werde, halten die Freien Demokraten für verfassungswidrig. Schließlich plädierte Hahn, der Vizepräsident und seit mehr als 30 Jahren Mitglied des Hessischen Landtags ist, für den konstruktiven Austausch im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens. „Wenn wir jetzt eine Wahlrechtsreform auf den Weg bringen, kann sie zur nächsten Landtagswahl im Jahr 2023 greifen“, sagte er.