Wirtschaftskongress 2025 – Bitte mehr Mut, Experimentierfreude und Technologieoffenheit

18.06.2025

Wie kann es dank Innovationen und den Chancen Künstlicher Intelligenz mit Hessens Wirtschaft wieder bergauf gehen? Das war die zentrale Fragestellung des Wirtschaftskongresses, den die Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag ausgerichtet hat. Rund 450 Teilnehmer haben gemeinsam Antworten erarbeitet. „Ein toller Zuspruch, der die Dringlichkeit einer veränderten Wirtschaftspolitik unterstreicht“, resümierten die beiden Fraktionsvorsitzenden Wiebke Knell und Stefan Naas.

Die Ausgangssituation ist nicht gut. Die heimische Ökonomie hinkt Wirtschaft und Technologie in anderen Ländern wie den USA und China hinterher. Was aber braucht es, um Hessen zum führenden Innovationsstandort zu machen. Oder wie es der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Oliver Stirböck, formulierte: „Wie machen wir aus Deutschland eine Innovation Nation und aus Hessen eine Innovationsregion?“.

Der Weg dahin scheint lang, ein Wirtschaftswachstum ist nicht in Sicht. „Manche erinnern sich. Das ist das, was wir früher mal hatten“, sagte Professor Dr. Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität und Keynote-Speaker der Veranstaltung. Die Beispiele Haucaps für die schlechte ökonomische Lage waren gleichermaßen anschaulich wie ernüchternd: Von 1250 sogenannten Einhörnern weltweit – also Start-ups mit einem Marktwert von über einer Milliarde Dollar oder Euro vor Börsengang oder Übernahme – sind mehr als die Hälfte in den USA zu finden, in Deutschland jedoch nur zwei Prozent. Die Existenzgründungen in Deutschland haben über 20 Jahre drastisch abgenommen; hinter einem zuletzt leichten Aufschwung verbergen sich meist Gründungen im Nebenerwerb. 

Ein positives Beispiel für unternehmerischen Mut ist die für Workwear bekannte Strauss Deutschland GmbH und Co. KG aus dem Main-Kinzig-Kreis – „ein Unternehmen, das für Innovationsgeist steht“, betonte Wiebke Knell. Die Firma ist nicht nur mit ihren Produkten erfolgreich, CEO Henning Strauss investiert in Bad Orb auch in die Infrastruktur und ist ein begehrter Arbeitgeber. Während andere Unternehmer verzweifelt Mitarbeiter suchen, kommen bei Strauss auf 100 offene Stellen im Jahr 18.000 Bewerbungen. Als Speaker beim Wirtschaftskongress machte Strauss klar: „Der Innovationsdrang, und der Wunsch, sich nach vorne zu bewegen, müssen gelebt werden.“ Strauss lässt zurzeit digitale Unterstützung fürs klassische Handwerk entwickeln. Dazu passt, dass Strauss keine Berührungsängste bei Künstlicher Intelligenz hat. Für den Wirtschaftskongress hatte ihm eine KI das Outfit mit dem leuchtend-gelben Shirt aus der eigenen Kollektion als Hingucker vorgeschlagen.

KI kann, sinnvoll eingesetzt, sehr nützlich und sinnvoll sein, wie das Beispiel der Pharmaforschung zeigt: In dieser Sparte kann KI dazu beitragen, dass neue Medikamente schneller auf den Markt kommen. Denn die Erforschung von Arzneimitteln ist extrem teuer, Zulassungsverfahren dauern lange, und 80 Prozent der Verfahren führen nicht zu einer Zulassung. Aus diesem Grund, damit es sich lohnt, werden in der Regel nur Arzneimittel erforscht, die vielen Menschen helfen können. Hier könnte Künstliche Intelligenz völlig neue Möglichkeiten schaffen, beispielsweise bei der Analyse großer Mengen an Forschungsdaten. Die Chemie-und Pharmabranche kann hier ein Innovationsmotor für Hessen sein, wie eine Arbeitsgruppe, eine sogenannte Innovation Squad, beim Kongress erarbeitet hat. Eine Erkenntnis: Firmen sind bei KI viel weiter, als es Behörden oder die Gesellschaft sind. Die Hürden sind Regulatorik und Politik, die ebenfalls auf der Höhe der Zeit sein müssten.

Vorbilder sind auch die jungen Erfinder einer innovativen Tunnelbohrmaschine, mit der etwa 50 Prozent der Kosten gespart und die Planung verkürzt werden können. Wird die innovative Maschine eingesetzt, müssen darüber hinaus weniger Straßen in Städten gesperrt werden, so dass sich weniger Staus bilden. Allerdings gibt es ein Problem: Die Ausschreibungen der Auftraggeber, Kommunen, Stadtwerke, Infrastrukturanbieter für Datenkabel, Abwasser usw. sind so ausgestaltet, dass immer nur alte konventionelle Techniken zulässig sind. Damit muss nach Ansicht der Freien Demokraten Schluss sein. Ausschreibungen müssen entbürokratisiert und technologieoffen formuliert werden.

Know-how ist in Hessen reichlich vorhanden. Dieses Potenzial muss aber auch genutzt werden. Es braucht mehr Mut, mehr Experimentierfreude und mehr Technologieoffenheit. Ebenso braucht es mehr Investitionen in Forschung und Bildung. Und zu guter Letzt braucht es mehr Vertrauen in die Wirtschaft, was bedeutet: runter mit der Bürokratie und rauf mit der unternehmerischen Freiheit“, resümierte Fraktionschef Naas, der auch wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion ist.