Hessen braucht Masterplan für Flüchtlingssituation

Die stetig steigenden Flüchtlingszahlen stellen zweifellos die größte Herausforderung dar, die Hessen aktuell zu bewältigen hat. Daher kann es sich die Politik nicht länger erlauben, Fehlentwicklungen sehenden Auges zu tolerieren. Es müssen nun dringend mutige und weitreichende Maßnahmen ergreifen, die der Bedeutung der Flüchtlingsthematik angemessen sind.

Die FDP-Fraktion fordert statt isolierter Maßnahmen einen „Masterplan“ für den Umgang mit der Flüchtlingssituation, um der angespannten Lage, wieder Herr zu werden. Was nun zu tun ist:

Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten

Ein zentrales Problem stellt aktuell die Tatsache dar, dass annähernd 50 Prozent der Asylbewerber aus den nicht zur Europäischen Union gehörenden Balkanstaaten – insbesondere aus Albanien, Montenegro und dem Kosovo – nach Deutschland kommen. Die Betroffenen, von denen nur etwa jeder Tausendste politisch verfolgt wird und somit einen Asylgrund hat, kommen mit falschen Erwartungen in unserer Land, landen in aussichtlosen, langwierigen Verfahren, um dann nach einigen Monaten wieder ausreisen zu müssen. Da die begrenzten Aufnahmekapazitäten des Landes und der Kommunen auf diese Weise überlastet werden, erleiden mittelbar auch Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen wie Syrien, Irak oder Eritrea Nachteile bei der Unterbringung und Versorgung. Wir fordern die hessische Landesregierung daher auf, sich auf Bundesebene über eine Initiative im Bundesrat für eine Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten auf Albanien, Montenegro und das Kosovo einzusetzen.

Beschleunigung der Verfahren durch pauschale Anerkennung

Es ist zudem unerlässlich, die bereits laufenden Asylverfahren zu beschleunigen und den Antragsstau von annähernd einer viertel Million Asylanträgen schnellstmöglich abzuarbeiten. Vor dem Hintergrund, dass bei etwa 40.000 Einzelfallentscheidungen über Asylanträge aus Syrien, Irak und Eritrea nur rund 50 Anträge im ersten Halbjahr dieses Jahres abgelehnt wurden, sprechen sich die Freien Demokraten für eine pauschale Anerkennung aller Anträge von Menschen aus diesen Ländern nach einer Sicherheitsüberprüfung aus. Denn auf diese Weise wird eine zügige Verteilung und Integration vor Ort ermöglicht.

Ressourcen sinnvoll einsetzen: Bearbeitung von Anträgen statt Mindestlohnkontrolle

Wir halten es zudem für ein Gebot der Fairness und der Humanität, all denjenigen, die keinerlei Aussicht auf Verbleib haben, dies schnellstmöglich mitzuteilen und sie anschließend zügig in ihre Heimatländer zurückzuführen. Hierfür ist es jedoch erforderlich, dass der Bund endlich die notwendigen personellen Ressourcen für die durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geführten Asylverfahren bereitstellt. Denn nur auf diese Weise ist eine zügige Abarbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Die Linderung der prekären Situation in den Flüchtlingsunterkünften muss jetzt oberste Priorität haben. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, mindestens die Hälfte der 1600 Bundesbeamten vom Zoll, die sich derzeit mit der Einhaltung des Mindestlohngesetzes beschäftigen, für die Bearbeitung der Asylanträge abzuordnen.

Gesteuerte Migration durch Einwanderungsgesetz

Statt der bisherigen ungesteuerten Einreise aus den Balkangebieten brauchen wir für diejenigen Flüchtlinge, die zwar kein Asylrecht besitzen, aber als Arbeitskräfte in Deutschland dringend benötigt werden, eine gesteuerte Migration aus dem Balkan zu ermöglichen. Die Grundlage für eine solche Regelung kann nur ein Einwanderungsgesetz darstellen, welches beispielsweise Job-Visa und Beratung und Qualifizierung durch deutsche Arbeitsagenturen und Wirtschaftsverbände in den Herkunftsländern vorsieht. Bis zu einer möglichen Umsetzung muss sich die Landesregierung auf Bundesebene für die Wiedereinführung einer Visumspflicht für die betreffenden Staaten einzusetzen, um eine weitere ungesteuerte Einwanderung zu verhindern.

Bessere Verzahnung durch zentrale Koordinationsstelle

Eine bestmögliche Verzahnung und eine zentrale Bündelung sämtlicher Hilfsmaßnahmen ist angesichts der komplexen Flüchtlingssituation unserer Ansicht nach unerlässlich. Wie der FDP-Fraktionsvorsitzende Rentsch kürzlich gefordert hatte, spricht sich die FDP für die Einrichtung einer Stelle eines Koordinators aus, der sich in den kommenden Jahren ausschließlich mit der Flüchtlingsthematik befasst und als zentraler Ansprechpartner für alle Beteiligten – insbesondere auch für die aktuell überforderten Kommunen – fungiert. Denn alleine durch ein isoliertes Nebeneinander und dem ständigen Verweis auf die Zuständigkeit des Bundes werden wir die aktuellen Probleme nicht bewältigen können. Neben finanziellen Aspekten und Fragen der Unterbringung sollte auch die Koordination und Umsetzung eines integrationspolitischen Konzepts eine zentrale Aufgabe dieses neu zu schaffenden Amtes sein.