Oppositionsarbeit inmitten von Krisenzeiten

08.01.2024

Nach einer erfolgreichen Landtagswahl begann für die elf Abgeordneten der Fraktion der Freien Demokraten eine neue Wahlperiode voller Neuerungen, Herausforderungen und unerwarteter Geschehnisse. Insbesondere in den vielen Krisen der letzten Jahre waren die Liberalen gefragt. Aber auch als die Regierung und die Regierungsfraktionen mangelhafte und verfassungswidrige Gesetze vorlegten, wurde die FDP-Fraktion ihrer Oppositionsrolle gerecht.

Seit der 20. Wahlperiode sitzt die Fraktion der Freien Demokraten nicht mehr in den Räumlichkeiten des Landtags, sondern in der Marktstraße 10. Fraktionsvorsitzender René Rock sah eine Chance darin, dass nach der Landtagswahl 2018 nicht mehr genügend Platz für alle Fraktionen war. Die neuen und modernen Räume, in denen die elf Abgeordneten sowie die Mitarbeiter der Fraktion seitdem arbeiten und Ideen für die Zukunft des Landes Hessen entwickeln, nennt er „Außenstelle Zukunft“. Rock erklärt: „Wir haben die Art zu arbeiten grundlegend hinterfragt. Die Digitalisierung ist ein Kernthema der FDP. Wir wollen mit unserem Konzept ‚Fraktion 4.0‘ vorleben, was es heißt, das digitale Zeitalter für die Politik zu nutzen. Nun kann die Fraktion orts- und zeitunabhängig daran arbeiten, Hessen voranzubringen.“ Insbesondere während der Corona-Pandemie zahlte sich dieses Konzept aus.

Die Hessinnen und Hessen sowie der Hessische Landtag sahen sich in den letzten fünf Jahren mit vielen unerwarteten Situationen konfrontiert. Die 20. Wahlperiode in Hessen zeichnete sich vor allem durch zahlreiche Krisen und schwierige Herausforderungen aus. Unvorhersehbare Ereignisse wie die Corona-Pandemie hielten das Land in Atem. Eines dieser Ereignisse ereilte den Landtag gleich zu Beginn der Wahlperiode – Ministerpräsident Volker Bouffier erkrankte. Da die schwarz-grüne Regierungskoalition lediglich über eine Ein-Stimmen-Mehrheit verfügte, drohte der Vorsprung durch ein mögliches Fehlen des CDU-Politikers verloren zu gehen. Die Opposition hatte sich jedoch zu Fairness-Absprachen bereit erklärt, so sollte die Majorität für die Regierungskoalition weiterhin garantiert bleiben.

Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke erschütterte im Juni 2019 ganz Hessen. Gemeinsam mit den Fraktionen der SPD und der Linken hat die Fraktion der Freien Demokraten einen Untersuchungsausschuss (UNA 20/1) beantragt, der das Vorgehen der hessischen Sicherheitsbehörden in der Zeit vor dem politischen Attentat untersuchen sollte. Zum Abschluss des Untersuchungsausschusses im Sommer 2023 erklärte Dr. Matthias Büger, Obmann der Freien Demokraten im Ausschuss: „Die Landesregierung muss Verantwortung übernehmen und Missstände abstellen. Der Ausschuss hat strukturelle Mängel und organisatorische Versäumnisse bei den hessischen Sicherheitsbehörden offengelegt.“ Im Februar 2020 wurde Hessen erneut von einem schwerwiegenden Ereignis erschüttert. Neun Menschen wurden bei einem rassistisch motivierten Anschlag in Hanau ermordet. Die parlamentarische Aufarbeitung wurde auch diesmal von den Oppositionsfraktionen der FDP, SPD und der Linken beantragt. Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Hanau (UNA 20/2) sollte aufklären, ob es Versäumnisse seitens der Behörden gegeben habe, und Transparenz in Bezug auf die Tat schaffen. Nach Abschluss der Beweisaufnahme sagte Jörg-Uwe Hahn, Obmann der Freien Demokraten im UNA Hanau: „Der Untersuchungsausschuss hat bestätigt, dass die Polizei und die anderen Rettungskräfte trotz schwieriger Bedingungen erfolgreiche und umsichtige Arbeit geleistet haben. Daneben hat der Untersuchungsausschuss einige Fehler und Versäumnisse seitens der Landesregierung und der zuständigen Behörden offengelegt. Die zuständigen Akteure müssen hierfür Verantwortung übernehmen und Schwachstellen beseitigen, um solche Taten zukünftig bestmöglich zu vermeiden.“

Die Covid-19-Pandemie traf im Jahr 2020 die ganze Welt und verlangte auch den Hessinnen und Hessen viel ab. Die Landesregierung reagierte auf diese Krise mit erheblichen Einschränkungen. Durch diese einschneidenden Maßnahmen, die in die Grundrechte eingriffen, wurde das Leben der Hessinnen und Hessen massiv verändert. Während es in den anderen Landtagen im Laufe der Corona-Pandemie ein einvernehmliches Handeln von Regierungs- und Oppositionsfraktionen gab, sah es in Hessen ganz anders aus. Die hessische Regierung bezog das Parlament in wichtige Entscheidungen nicht ein und agierte eigenmächtig. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten hielt es für wichtig, dass die Entscheidungen in dieser Krisenzeit für jeden nachvollziehbar seien. „Viele Menschen verstehen die Vorgaben der Landesregierung nicht mehr und dadurch schwindet die Akzeptanz. Für eine erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie ist aber genau diese Akzeptanz wichtig, damit die Menschen die Vorgaben auch befolgen. Daher muss das Parlament über die beste Lösung für diese große Herausforderung diskutieren“, sagte René Rock. Die Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag legte daher einen Gesetzentwurf zur Parlamentsbeteiligung zu Corona-Maßnahmen vor.

Dass ein Leben in Frieden und Freiheit auch in Europa keine Selbstverständlichkeit ist, hat der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine uns allen vergegenwärtigt. Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf Deutschland und auf Hessen. Die Bürgerinnen und Bürger sehen sich mit massiven Preissteigerungen konfrontiert. Das betrifft insbesondere auch die Energiekosten. „Anstatt wie die Landesregierung Heimwerker-Tipps zum Energiesparen zu geben, haben wir uns lösungsorientiert mit dem Energieproblem auseinandergesetzt“, erklärt Rock, der energiepolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. „Wir Freie Demokraten haben uns schon in den Sommermonaten mit dem kommenden Winter befasst und waren die erste Fraktion, die auf die drohende Energiekrise aufgrund des Gasmangels aufmerksam gemacht hat.“ Die Liberalen wiesen nicht nur auf die Problemlage hin, sondern benannten auch sinnvolle Handlungsoptionen. Die Fraktion der Freien Demokraten sieht im Hinblick auf die Energiepolitik große Chancen bei innovativen Technologien und legte das Hessische Wasserstoff-Zukunftsgesetz vor. „Wasserstoff bietet die Möglichkeit einer sicheren, wirtschaftlichen, technologieoffenen und klimaneutralen Energieversorgung. Wir Freie Demokraten wollen, dass der Fortschritt durch Wasserstoff in Hessen endlich Fahrt aufnimmt. Insbesondere aufgrund der aktuellen energiepolitischen Situation ist das unerlässlich“, sagt Rock.

Der Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 schockierte die ganze Welt. Neben Pro-Israel-Kundgebungen und Mahnwachen fanden in Deutschland auch Anti-Israel-Proteste statt. Diese verdeutlichten einmal mehr, dass Antisemitismus in Deutschland weiter ein großes Problem darstellt, welches bekämpft werden muss. Auch schon vor dem Angriff kam es immer wieder zu antisemitischen Vorfällen in Deutschland. „Es ist erschreckend, dass es in Deutschland und Hessen immer wieder zu antisemitischen Äußerungen und Ausschreitungen kommt. Als Freie Demokraten fühlen wir uns dem Kampf gegen den Antisemitismus verpflichtet“, betont Rock. Gemeinsam mit Daniel Neumann, Direktor des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Hessen, haben die Liberalen ein Positionspapier gegen Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens erarbeitet und gemeinsam im Sommer 2023 vorgestellt.

Die 20. Wahlperiode des Hessischen Landtags war aber nicht nur von Krisen gekennzeichnet. Markant war auch die mangelnde Verfassungstreue der Landesregierung. Da diese sich mehrfach nicht an die Verfassung gehalten hat, war die Opposition in den letzten Jahren besonders gefragt. Vor allem ist hier das Corona-Sondervermögen zu nennen. Der hessische Finanzminister Michael Boddenberg wollte ein kreditfinanziertes Sondervermögen in Höhe von 12 Milliarden Euro auflegen, um die finanziellen Belastungen durch die Corona-Krise zu zahlen. „Es gab keinen Bedarf für den Schattenhaushalt von Schwarz-Grün. Unter dem Deckmantel der Krise wollte die Landesregierung auf Kosten nachfolgender Generationen grüne Prestigeprojekte finanzieren“, sagt Marion Schardt-Sauer, haushaltspolitische Sprecherin der Freien Demokraten im Hessischen Landtag. Gegen das Corona-Sondervermögen haben die Fraktionen von Freien Demokraten und SPD gemeinsam geklagt. Im Oktober 2021 urteilte der Hessische Staatsgerichtshof und gab den Klägern Recht – der Schattenhaushalt von Schwarz-Grün ist nicht vereinbar mit der Hessischen Verfassung.

Auch bei zwei weiteren Themen war die Opposition wieder gefordert. Gemeinsam mit der SPD-Fraktion brachte die Fraktion der Freien Demokraten einen Normenkontrollantrag beim Hessischen Staatsgerichtshof auf den Weg, der sich gegen die Rechtskonstruktion der Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit richtete. Außerdem klagte die FDP-Fraktion erfolgreich gegen die Hessische Jagdverordnung, da aus ihrer Sicht nicht nur gravierend in Eigentumsrechte eingegriffen wurde, sondern bei der Einsetzung der Verordnung auch das Parlament hätte beteiligt werden müssen.

Zum Ende der Wahlperiode resümiert der Fraktionsvorsitzende René Rock: „Wir haben es geschafft, in dieser Fraktion den Geist des Aufbruchs zu leben und das Projekt ‚Fraktion 4.0‘ umzusetzen. Außerdem bleibt für mich der faire und menschliche Umgang mit den anderen demokratischen Fraktionen in Erinnerung, insbesondere im Zuge der schweren Erkrankung des Ministerpräsidenten Volker Bouffier, des Mordes an Dr. Walter Lübcke und des Selbstmordes von Finanzminister Schäfer. Im Hinblick auf die 20. Wahlperiode sticht für mich zudem heraus, dass die Freien Demokraten im Hessischen Landtag viele inhaltliche Punkte setzen konnten, besonders das wichtige Urteil des Staatsgerichtshofs zur Sicherung der Schuldenbremse in Hessen. Auf all das kann diese Fraktion wirklich stolz sein.“